Ärzte ohne Grenzen unterstützt Such- und Rettungseinsätze in der Sahara – Zahl der Flüchtlinge und Migranten hat sich 2019 verdoppelt
Hunderttausende Flüchtlinge und Migranten durchqueren jedes Jahr die Region Agadez im Niger. Nach Angaben der „International Organisation for Migration“ (IOM) hat sich die Zahl der durch den Niger ziehenden Menschen in den ersten zehn Monaten 2019 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt – von 267.000 auf 540.000. Darunter sind Schutzsuchende, die aus Libyen fliehen, aus Algerien abgeschoben werden oder die die Sahara von Süden her durchqueren wollen. Viele sterben beim Versuch in den Sanddünen der Ténéré-Wüste. Ärzte ohne Grenzen leistet medizinische, psychologische und humanitäre Hilfe an den wichtigsten Migrationsrouten nördlich von Agadez. In den ersten zehn Monaten 2019 haben die Teams mehr als 30.000 Patienten behandelt und mehr als 700 psychologische Konsultationen mit Migranten abgehalten. Im August hat die Organisation zudem damit begonnen, Such- und Rettungsaktionen in der Wüste zu unterstützen, die vom Gesundheitsministerium und Bewohnern durchgeführt werden. Diese Teams konnten seit Juli 2019 mehr als 40 Menschen in der Wüste retten, die sonst wohl verdurstet wären. Die Hilfe von Ärzte ohne Grenzen für Gestrandete ist eine Reaktion auf die Kriminalisierung von Fluchtbewegungen durch die afrikanischen und europäischen Staaten, die zur Folge hat, dass Schutzsuchende immer gefährlichere Routen auf sich nehmen und Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind.
Abschiebungen aus Algerien
Die Teams leisten außerdem den zahlreichen Menschen Hilfe, die aus Algerien nach Niger abgeschoben werden. Allein zwischen Januar und Oktober 2019 wurden mehr als 23.800 Menschen deportiert. Während nigrische Staatsbürger, die freiwillig zurückreisen, in offiziellen Konvois in den Niger gebracht werden, werden Tausende andere an der Grenze mitten in der Wüste ohne Orientierung, Nahrung, Wasser oder finanzielle Mittel abgesetzt und müssen etwa 15 Kilometer in den nächsten Ort zu Fuß laufen. Einige Syrer, Bangladeschis und Jemeniten wurden anschließend sogar von nigrischen Behörden umgehend wieder nach Algerien zurückgezwungen, was zu einem Hin- und Herschieben der Verantwortung auf dem Rücken der Flüchtlinge führte. Teams von Ärzte ohne Grenzen haben in den ersten zehn Monaten 2019 Wasser, Nahrungsmittel, Kleider, Decken und Hygieneartikel an fast 7.000 aus Algerien Abgeschobene verteilt und sie bei Bedarf medizinisch behandelt und psychologisch betreut. Einige berichteten von willkürlicher Haft, Misshandlungen und Vergewaltigungen vor der Abschiebung nach Niger.
Eine 32-jährige Frau aus Kamerun berichtete nach ihrer Abschiebung von Algerien nach Niger im vergangenen Juli etwa: "Sie haben mich (in Algerien) einfach auf der Straße aufgelesen; ich hatte nichts bei mir, als die Kleidung, die ich trug. Ich verbrachte fünf Tage im Gefängnis. Es ist ihnen egal; dein Zustand interessiert sie nicht. Sie haben uns in Sandtransporter gesteckt. Wir schliefen dort. Sie warfen uns Essen nach hinten, ohne zu wissen, ob Babys oder schwangere Frauen in dem Laster waren. Und dann werfen sie dich in die Wüste raus. Man läuft und läuft, mehr als 20 Kilometer. Das ist wirklich nicht einfach, wenn man im siebten Monat schwanger ist. Ich bin wirklich durch die Hölle gegangen."
Hier finden Sie ausführliche Informationen zur Arbeit von Ärzte ohne Grenzen und Schilderungen Schutzsuchender auf Englisch: https://www.msf.org/niger-crossroads-migration