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Europäische Union hat in der Flüchtlingskrise 2015 versagt: Ärzte ohne Grenzen veröffentlicht Bericht

Brüssel/Berlin, 19. Januar 2016. Die Europäische Union (EU) und europäische Regierungen haben nach Ansicht von Ärzte ohne Grenzen in der Flüchtlingskrise 2015 versagt. In einem heute veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Obstacles Course to Europe“  beschreibt die internationale Hilfsorganisation die Hindernisse, die die EU über einer Million Flüchtlingen, Asylbewerbern und Migranten in Europa im vergangenen Jahr in den Weg gelegt hat. Ärzte ohne Grenzen fordert weiterhin die Schaffung sicherer Wege nach Europa.

„Die EU und die europäischen Regierungen haben in dieser Krise kollektiv versagt“, sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. „Der Fokus auf Abschreckung und die chaotische Reaktion auf die humanitären Bedürfnisse der Flüchtenden hat die Lage Tausender verletzlicher Frauen, Kinder und Männer nach ihrer Ankunft in Italien und Griechenland und während ihrer Reise durch die Balkanstaaten noch weiter verschlechtert.“

Mithilfe von Zeugenaussagen von Mitarbeitern und Patienten von Ärzte ohne Grenzen und medizinischen Daten aus dem Jahr 2015, beschreibt der Bericht die humanitären Auswirkungen dieser EU-Maßnahmen. Er macht deutlich, wie die Schutzwälle Europas Ärzte ohne Grenzen und andere humanitäre Organisationen gezwungen haben, ihre Hilfe an den Toren Europas massiv aufzustocken. Nie zuvor hatte Ärzte ohne Grenzen so viele medizinische und humanitäre Projekte und Mitarbeiter in Europa. Nie zuvor hat sich Ärzte ohne Grenzen dazu entschieden, Such- und Rettungsschiffe zu mobilisieren, um auf hoher See Leben zu retten.

„Die Tatsache, dass Menschen in Europa Sicherheit und ein besseres Leben suchen, ist kein neues Phänomen, wir sind seit vielen Jahren damit konfrontiert“, sagt Brice de le Vingne, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel. „Doch als sich das Mittelmeer Anfang 2015 in ein Massengrab verwandelte, konnten wir nicht vom Ufer aus zuschauen. In diesem Jahr, in 2016, müssen die europäischen Länder Bilanz ziehen, welchen menschlichen Preis ihre Politik gekostet hat. Sie müssen die Verantwortung dafür übernehmen und aus ihren Fehlern lernen.“

Die meisten Menschen sind 2015 vor Krieg und Verfolgung geflohen. Dennoch hat die EU keine Alternative geschaffen zur tödlichen Mittelmeerüberfahrt, zu den Stacheldrahtzäunen, den sich ständig ändernden Registrierungsverfahren und den Gewalttaten auf hoher See und an den Landesgrenzen. Stattdessen herrschten in Italien und Griechenland völlig unzumutbare Aufnahmebedingungen. Ärzte ohne Grenzen hat mehr als 100.000 medizinische und psychologische Behandlungen durchgeführt und verfügt über eindrückliche repräsentative Daten zu den Auswirkungen der EU-Hindernisse auf die Gesundheit der Flüchtenden.

„Es hat ein neues Jahr begonnen, aber wir wissen, dass Menschen weiterhin ihr Leben riskieren werden und keine restriktive Politik sie davon abhalten wird, nach einer besseren Zukunft für sich und ihre Familien zu suchen“, sagt Aurelie Ponthieu, Migrationsexpertin von Ärzte ohne Grenzen. „Wir fordern weiter die Schaffung sicherer Wege nach Europa. Die EU darf nicht weiter mit dem Leben und der Würde von Menschen spielen. Die Krise ist alles andere als vorbei und die Flüchtlingshilfe in Italien, Griechenland und den Balkanstaaten völlig unzureichend.“

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