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Tschad

Tschad: Kürzungen bei Nahrungsmittelrationen verschlimmern die Situation sudanesischer Geflüchteter

Berlin/Genf/Adré, 18. September 2024. Da die humanitäre Hilfe in den Geflüchtetencamps im Osten des Tschad nicht nachhaltig finanziert ist, sind die Menschen noch mehr Leid und Gesundheitsrisiken ausgeliefert. Ärzte ohne Grenzen fordert die Geber auf, dringend ihre Finanzierungspolitik zu überprüfen.  
 
Durch den anhaltenden Krieg und die Vertreibung im Sudan bleibt der humanitäre Bedarf in den Geflüchtetencamps im Osten des Tschad groß, auch was den Zugang zu genügend Nahrung betrifft. Seit Ausbruch des Krieges im April 2023 sind mehr als eine halbe Million Menschen über die Grenze in den Osten des Tschad geflüchtet.  
 
In Aboutengue leben knapp 45 000 sudanesische Geflüchtete, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Sie leiden unter den drastischen Kürzungen der Lebensmittelrationen und leben unter prekären Bedingungen. Jimiya, die im Juli 2023 mit ihrer Familie nach Aboutengue kam, berichtet vom schwierigen Leben im Camp: „Anfangs bekamen wir genug zu essen, aber jetzt sind die Rationen kleiner geworden. In letzter Zeit haben wir nur noch Sorghum und Öl erhalten. Wir haben nicht genug, um unsere Familie zu ernähren.“ 

Seit Februar wurden die Rationen nach und nach gekürzt. Die Ungewissheit über die künftige Finanzierung hat zu erheblichen Lieferunterbrechungen und Verzögerungen geführt.  

Wir beobachten diese wiederkehrenden Engpässe bei der Verteilung von Nahrungsmitteln sehr genau. Es wäre verheerend, wenn die Lücken in der humanitären Hilfe zu einer zusätzlichen Ernährungskrise in diesen Camps führen würden.“ - Danielle Borges, Nothilfekoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Ost-Tschad 

Das Camp Aboutengue liegt abgelegen und es gibt kaum Möglichkeiten zur Existenzsicherung. Die Geflüchteten sind auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. Um etwas Geld zu verdienen, sammeln Frauen in umliegenden Wäldern Brennholz – und sind dabei zusätzlichen Risiken ausgesetzt: „Manchmal werden wir im Wald von Leuten bedroht, die sagen, dass wir kein Holz sammeln dürfen. Einige von uns wurden geschlagen“, sagt Aziza. Die Mutter lebt mit ihren sieben Kindern seit Juli letzten Jahres im Camp. Ein Bündel trockener Äste wird auf den informellen Märkten, die sich rund um das Camp gebildet haben, für umgerechnet ein bis drei Euro verkauft.

Da es an Nahrungsmitteln und finanzieller Unterstützung fehlt, bleibt den Frauen nichts anderes übrig als Brennholz zu sammeln und zu verkaufen. Leider hört man immer wieder von Frauen, die im Wald überfallen wurden.“  - Atsuhiko Ochiai, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen.

Die geringer ausfallenden Nahrungsmittelportionen könnten zu mehr Mangelernährung führen, insbesondere bei Kindern. „In Aboutengue behandeln die Teams von Ärzte ohne Grenzen jeden Monat Hunderte Kinder mit mittelschwerer und schwerer akuter Mangelernährung”, sagt Borges. „Wir befürchten, dass sich diese Situation verschlimmert, wenn die Nahrungsmittelknappheit anhält.” 

In Metché, einem Camp zwei Autostunden von der Grenzstadt Adré entfernt, ist die Lage ähnlich alarmierend. Viele Geflüchtete leben dort von nur einer Mahlzeit am Tag. Sowohl in Metché als auch in den nahegelegenen Camps Alacha und Arkoum wurden in den letzten Monaten zwar Lebensmittel verteilt, jedoch erhielten die Menschen kleinere Rationen.  

Im Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Metché ist das stationäre therapeutische Ernährungszentrum die am stärksten ausgelastete Station; von Januar bis August stieg die Zahl der Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung und Komplikationen aus den Camps Alacha und Arkoum. Damit sich die Situation nicht weiter verschlechtert, braucht es größere Nahrungsmittelrationen und logistische Lösungen. 

Die Notlage der Geflüchteten spitzt sich zu, weil die humanitäre Hilfe nicht nachhaltig finanziert ist. „Es herrscht das Gefühl vor, dass diese Krise von den wichtigen Gebern vernachlässigt wird”, sagt Borges. „Ohne sofortige substanzielle Unterstützung riskieren wir, dass sich eine noch größere humanitäre Katastrophe in dieser Region ausbreitet.” 

Seit mehr als einem Jahr unterstützt Ärzte ohne Grenzen die Geflüchteten im Camp Aboutengue. Unsere Teams sorgen für grundlegende medizinische Versorgung, stellen Wasser sowie Latrinen bereit. Zudem behandeln sie mangelernährte Menschen und verteilen Hilfsgüter wie Seife, Moskitonetze und Wasserkanister. Obwohl die Geflüchteten vor 14 Monaten in dieses Camp umgesiedelt wurden, haben rund 14 000 von ihnen immer noch keine richtige Unterkunft und leben unter extremen Bedingungen in Behelfsunterkünften. 

Im Sudan selbst ist Ärzte ohne Grenzen eine der wenigen Organisationen, die humanitäre Hilfe leisten. Die Ernährungssituation für die Binnenvertriebenen dort ist ebenfalls dramatisch. Vor Kurzem warnte Ärzte ohne Grenzen, dass im Samsam-Camp in Nord-Darfur tausende Kinder an den Folgen von Mangelernährung sterben könnten, wenn nicht bald die dringend benötigten Hilfen eintreffen.

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Unsere Pressereferentin Nadja Nolting
Nadja Nolting
- Media Relations