Tuberkulose: Ärzte ohne Grenzen startet vielversprechende klinische Studie
Taschkent/Berlin, 20. Januar 2017. Am 17. Januar startete Ärzte ohne Grenzen in Usbekistan eine klinische Studie zur Behandlung resistenter Formen von Tuberkulose (TB) mit neuen Medikamenten. Ziel der Studie ist es, ein Behandlungsregime für resistente TB zu finden, das mit sechs Monaten deutlich kürzer und effektiver ist und weniger gravierende Nebenwirkungen hat als derzeit verfügbare Therapien. TB ist derzeit die mit Abstand tödlichste Infektionskrankheit weltweit. Auch Deutschland sollte sich im Rahmen der G20-Präsidentschaft für mehr Forschung zu TB einsetzen.
Die „TB-PRACTECAL“ genannte Phase-II/III-Studie kombiniert zwei neue TB-Medikamente (Bedaquilin und Pretomanid) mit bereits verfügbaren Arzneimitteln gegen resistente TB (Linezolid, Clofazimin und Moxifloxacin). Unterstützt wird die Studie von der London School of Hygiene & Tropical Medicine und weiteren Forschungseinrichtungen. Der erste Teilnehmer der Studie ist ein Patient aus einem von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Krankenhaus in Karakalpakstan im Nordwesten Usbekistans. Insgesamt werden 630 Patienten in Usbekistan, Weißrussland und Südafrika an der Studie teilnehmen.
„Der Beginn der Studie ist ein bedeutender Meilenstein in einem wichtigen Forschungsprojekt, das hunderttausende Leben retten könnte“, sagt Marco Alves von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. „Tausende TB-Patienten leiden seit Jahren unter langwierigen, teilweise ineffektiven und hoch toxische Behandlungen. Trotz aggressiver Medikation wird nur die Hälfte der Menschen mit resistenter TB geheilt. Dass eine Organisation wie Ärzte ohne Grenzen eine solche Studie initiiert, zeigt, wie vernachlässigt die medizinische Forschung in diesem Bereich ist. Diese massive Forschungslücke muss dringend geschlossen werden.“
Obwohl inzwischen jedes Jahr mehr Menschen an TB sterben als an Aids, ist die TB-Forschung völlig unterfinanziert. Bedaquilin und Pretomanid sind zwei der wenigen neuen Wirkstoffe gegen TB, die seit fast 50 Jahren entwickelt wurden. Gleichzeitig nimmt die Zahl der TB-Stämme, die gegen derzeit verfügbare Antibiotika resistent sind, alarmierend schnell zu. Mehr als ein Drittel aller Menschen, die im Jahr 2015 an den Folgen von Antibiotika-Resistenzen gestorben sind, waren an TB erkrankt.
Auch die deutsche Bundesregierung sollte sich im Rahmen ihrer G20-Präsidentschaft für mehr Forschung zu TB einsetzen. Antibiotika-Resistenzen werden auf dem G20-Gipfel im Juli in Hamburg auf der Agenda stehen, und TB sollte dabei eine wichtige Rolle spielen. Ziel muss sein, dass innovative Ansätze zur Forschungsförderung wie zum Beispiel ein globaler Forschungsfonds stark gefördert werden. Forschung muss sich künftig stärker am Bedarf der Menschen ausrichten – vor allem für Krankheiten, die hauptsächlich arme Menschen betreffen.