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Tuberkulose: Behandlung ist nun kürzer, besser und leichter verträglich

Aktualisierte WHO-Behandlungsrichtlinie für resistente Formen basiert auf Studie von Ärzte ohne Grenzen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird ihre Empfehlungen zur Behandlung von resistenten Formen der Tuberkulose (multidrug resistent TB, MDR-TB) auf Basis von Studienergebnissen von Ärzte ohne Grenzen aktualisieren. In der klinischen Studie namens TB-Practecal hat die Organisation nachgewiesen, dass Patient*innen mit einem neuen, kürzeren und besser verträglichen Behandlungsschema wirksam gegen MDR-TB behandelt werden können.

Gemäß der Studienergebnisse von Ärzte ohne Grenzen empfiehlt die WHO anstelle der bisherigen, länger dauernden Schemata nun die sechsmonatige Kombinationstherapie BPaLM. Diese umfasst die Antibiotika Bedaquiline, Pretomanid, Linezolid (600 mg) und Moxifloxacin. Die WHO empfiehlt außerdem eine weitere kürzere Behandlung: die BPal-Kombinationstherapie für Patient*innen mit besonders starker Medikamentenresistenz. Für beide Therapien konnten hohe Erfolgsraten nachgewiesen werden. 

Die TB-Practecal-Studie hat im Jahr 2017 begonnen und stellt die erste randomisierte klinische Kontrollstudie dar, mit der die Wirksamkeit und Sicherheit eines sechsmonatigen, rein oral verabreichten Behandlungsschemas für MDR-TB in mehreren Ländern geprüft wurde. An der Studie haben insgesamt 522 Patient*innen aus sieben Städten in Belarus, Südafrika und Usbekistan teilgenommen. Die Phase II/III-Studien ergaben, dass die neue, kürzere BPaLM-Therapie bei Rifampicin-resistenten Formen der Tuberkulose wirksam ist. So konnten 89 Prozent der Patient*innen der BPaLM-Gruppe geheilt werden. In der Patient*innengruppe, die die bisherige Standardtherapie erhalten hat, lag die Heilungsrate lediglich bei 52 Prozent. 

Jedes Jahr erkranken rund 500.000 Menschen weltweit an resistenten Formen der Tuberkulose. Für sie stellt das neue Behandlungsschema einen Hoffnungsschimmer dar. Dabei ist die Behandlung noch immer zu teuer: Derzeit kostet eine sechsmonatige BPaLM-Therapie mindestens 800 US-Dollar. Der hohe Preis könnte dazu führen, dass die BPaLM-Therapie in vielen Ländern mit hohen Tuberkulose-Fallzahlen nur langsam eingeführt wird. 

Das Medikament Pretomanid wurde mithilfe von öffentlichen Geldern von der TB-Alliance und dem Pharmaunternehmen Viatris (vormals Mylan) entwickelt. Die sechsmonatige Behandlung mit Pretomanid kostet 336 US-Dollar. Eins der neueren TB-Medikamente – das vom Pharmaunternehmen Johnson & Johnson entwickelte Bedaquilin – kostet 270 US-Dollar pro sechsmonatiger Behandlung. Die Kosten für diese beiden Medikamente machen somit rund drei Viertel der Gesamtkosten der neu empfohlenen TB-Behandlung aus. Forscher der Universität Liverpool schätzen, dass generische Versionen von Pretomanid und Bedaquilin für weit weniger Geld hergestellt und vertrieben werden könnten – nämlich für 210 und 102 US-Dollar.

 Als wir dieses Projekt vor neun Jahren starteten, mussten Patient*innen mit MDR-TB weltweit eine langwierige, schlecht wirksame und zermürbende Behandlung über sich ergehen lassen, die ihr Leben stark beeinträchtigte. Die Patient*innen berichteten uns, wie schwierig es war, die Behandlung durchzuhalten. Dennoch gab es kaum Fortschritte bei der Suche nach besseren Behandlungsmethoden, denn in die Erforschung von Krankheiten, die vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auftreten, wird nur selten investiert. Wir sahen uns darum gezwungen, selbst nach neuen Behandlungsmöglichkeiten zu suchen. Die Ergebnisse unserer Studie geben Patient*innen, ihren Familien und Beschäftigten im Gesundheitswesen weltweit Hoffnung für die Zukunft der MDR-TB-Behandlung. Wir begrüßen die Entscheidung der WHO, die Behandlungsrichtlinien zu aktualisieren. Jetzt ist es wichtig, dass nationale Tuberkulose-Programme, Gesundheitsministerien und andere wichtige Akteure sicherstellen, dass diese Behandlung für Menschen mit MDR-TB so schnell wie möglich verfügbar ist.

-Bern-Thomas Nyang’wa, medizinischer Leiter bei Ärzte ohne Grenzen und Leiter der TB-Practecal-Studie

Ärzte ohne Grenzen ist einer der größten nicht-staatlichen Akteure in der Behandlung von Tuberkulose weltweit. Im Jahr 2020 hat Ärzte ohne Grenzen 13.800 Menschen neu in Tuberkulose-Programme aufgenommen, 2.100 davon mit resistenten Formen von Tuberkulose.

Für weitere Auskünfte sprechen Sie uns an

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Unsere Pressereferetin Christiane Winje
Christiane Winje
- Media Relations