Ärzte ohne Grenzen nimmt Rettungsaktivitäten im zentralen Mittelmeer wieder auf
Valletta/Berlin, 25. April 2016. Ärzte ohne Grenzen hat am Wochenende die Such- und Rettungsaktivitäten im zentralen Mittelmeer wieder aufgenommen. Das Schiff Dignity 1 der internationalen Hilfsorganisation war am Sonntag bereits an der Rettung von 308 Menschen beteiligt. In den kommenden Wochen wird Ärzte ohne Grenzen die Hilfe mit zwei weiteren Schiffen ausbauen. Für Menschen auf der Flucht gibt es nach wie vor keine sicheren und legalen Wege nach Europa. Die Gewässer zwischen Libyen und Italien sind derzeit der einzige Weg auf den europäischen Kontinent. 2015 sind laut Internationaler Organisation für Migration im zentralen Mittelmeer 2.892 Männer, Frauen und Kinder ertrunken.
„Als wir 2015 unsere Such- und Rettungsaktion gestartet haben, haben wir das Mittelmeer als Massengrab bezeichnet“, sagt Joanne Liu, internationale Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen. „Seitdem hat sich kaum etwas verändert. Vor den Krisen und Konflikte auf der ganzen Welt fliehen weiterhin Millionen Menschen. Das Fehlen einer globalen Lösung für die aktuelle Flüchtlingskrise, die Abschreckungspolitik der europäischen Staaten sowie ihre Weigerung, Alternativen zur tödlichen Fahrt über das Meer zu bieten, werden weiterhin Tausende töten. Als humanitäre Helfer weigern wir uns, dabei von der Küste aus zuzusehen."
Die 50 Meter lange Dignity 1 hat den Hafen von Valletta auf Malta am 21. April verlassen. Das Schiff, das 400 Menschen aufnehmen kann, hat eine 16-köpfige Besatzung, einschließlich erfahrener medizinischer Mitarbeiter. Es wird sich in den Gewässern nördlich von Libyen aufhalten und aktiv nach Booten in Seenot suchen. Bei der ersten Rettung am Sonntag wurden 205 Männer, 80 Frauen und 23 Kinder, hauptsächlich aus Eritrea, von einem italienischen Rettungsboot übernommen. Die Dignity 1 ist jetzt auf dem Weg nach Sizilien, wo die Geretteten von Bord gehen werden.
In den kommenden Wochen werden zwei weitere größere Boote von Ärzte ohne Grenzen ins Mittelmeer aufbrechen. Die Teams an Bord leisten medizinische Nothilfe. Zudem können sie Dehydrierung, Verbrennungen durch Treibstoff, Unterkühlung und Hautkrankheiten behandeln, die sich bei den Einsätzen im Jahr 2015 als dringendste medizinische Bedürfnisse herausgestellt haben. Ärzte ohne Grenzen leistet zudem erste psychologische Hilfe.
„Flüchtlinge und Migranten suchen nach einem sicheren und besseren Leben. Es ist inakzeptabel, sie wie Kriminelle zu behandeln oder – noch schlimmer – sie auf dem Meer sterben zu lassen. Die europäischen Staaten müssen sichere Alternativen zu den Meeresüberquerungen schaffen, proaktiv nach Booten in Seenot suchen und die Menschen retten, statt sich auf Abschreckung und Überwachung zu konzentrieren“, fordert Liu.
2015 haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen mit drei Rettungsschiffen im zentralen Mittelmeer mehr als 23.000 Menschen in 120 Rettungsaktionen aus Seenot geborgen. Im Ägäischen Meer nördlich der Insel Lesbos hat Ärzte ohne Grenzen in Partnerschaft mit Greenpeace mehr als 14.000 Menschen gerettet, die von der Türkei nach Griechenland flüchteten. Insgesamt haben Teams von Ärzte ohne Grenzen im vergangenen Jahr auf dem zentralen Mittelmeer, dem Ägäischen Meer sowie in Griechenland, Italien und den Balkanstaaten mehr als 100.000 Menschen medizinisch versorgt.
Aktuelle Informationen zur Situation auf dem Mittelmeer bei Twitter: @MSF_Sea