Volle Flüchtlingslager erfordern dringend mehr Hilfe
Die Lage in den Flüchtlingslagern in Tansania ist für hunderttausende burundische Flüchtlinge kritisch. Es braucht ein viertes Lager und eine Aufstockung der humanitären Hilfe. Aufgrund der Krise in Burundi hat sich die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in den vergangenen vier Monaten nahezu verfünffacht. Fast eine Viertelmillion burundische und kongolesische Flüchtlinge leben derzeit in drei Lagern auf engem Raum, während die Entscheidung über ein viertes Lager für diejenigen, die immer noch die Grenze überqueren, weiter hinausgezögert wird.
„Den Prognosen zufolge wird die Gesamtzahl der Flüchtlinge in den drei Lagern bis Ende 2016 auf über 280.000 ansteigen“, sagt David Nash, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen. „Damit entwickelt sich dies zusehends zu einer der größten Flüchtlingskrisen Afrikas.“
Trotz der von Ärzte ohne Grenzen bereits im Mai dieses Jahres ausgesprochenen Warnungen ist kaum etwas getan worden, um die Hilfe aufzustocken. Das Lager Nduta, in das die neu ankommenden Flüchtlinge geschickt werden, ist mittlerweile voll. Derzeit kommen monatlich bis zu 10.000 burundische Flüchtlinge in Tansania an. Im Oktober waren es außerdem 850 aus der Demokratischen Republik Kongo. „Die aktuelle humanitäre Hilfe - insbesondere in Sachen Unterkunft, Wasser und Hygiene - reicht für die große Zahl der Neuankömmlinge nicht aus“, so Nash. „Da es keinerlei Anzeichen für eine Beruhigung der Lage in Burundi gibt, muss die internationale humanitäre Hilfe in Tansania unbedingt ausgeweitet werden.“
Aufgrund fehlender Gelder drohte die Nahrungsmittelverteilung in den letzten Monaten gekürzt zu werden. Im Oktober verkündete das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) offiziell eine Reduzierung der Nahrungsmittelrationen auf 60 Prozent der täglich empfohlenen Nährstoffzufuhr. Dank einer Spende konnte dies zwar in letzter Sekunde verhindert werden, doch das Risiko für weitere Kürzungen bleibt, gerade im Hinblick auf die weiter zunehmende Zahl der Flüchtlinge.
Hohes Malaria-Risiko
Die burundischen Flüchtlinge im von Malaria stark betroffenen West-Tansania sind äußerst anfällig für diese von Moskitos übertragene Krankheit. Neuankömmlinge in Nduta werden vorübergehend in Gemeinschaftszelten untergebracht, die bis zu 200 Personen fassen, was das Übertragungsrisiko zusätzlich erhöht. Derzeit werden diese Menschen nach ein paar Tagen kleineren Familienzelten zugewiesen, doch es ist nicht klar, ob die Zahl dieser Zelte für alle neu eintreffenden Flüchtlinge ausreichen wird.
„Angesichts der bevorstehenden Regenzeit erwarten wir einen Anstieg der Erkrankungen unter den Flüchtlingen“, so Nash. „Wie man letztes Jahr in Nyarugusu sehen konnte, verschlimmern überfüllte Zelte, unhygienische Lebensbedingungen und stehendes Wasser als perfekte Brutstätte für Moskitos das Problem zusätzlich. Die durch die Flucht geschwächten schwangeren Frauen und Kinder sind ganz besonders gefährdet.“
Von Januar bis August 2016 behandelten die Ärzte ohne Grenzen-Teams in Nyarugusu und Nduta 72.644 Malaria-Patienten, darunter zahlreiche, die an Komplikationen litten. Kurz vor der Malaria-Hochsaison bereiten sich die Teams erneut auf eine hohe Patientenzahl vor.
Ärzte ohne Grenzen ruft erneut zu einer Ausweitung der internationalen Hilfsbemühungen auf. „Die tansanische Regierung, deren Grenzen als Reaktion auf die Krise stets offen waren, sollte diese Verantwortung nicht allein tragen müssen. Die Hilfe muss dringend aufgestockt werden.“
Die ersten burundischen Flüchtlinge kamen im Mai 2015 in Tansania an. Sie fanden im Lager Nyarugusu Zuflucht, in dem bereits 60.000 kongolesische Flüchtlinge untergebracht waren. Nyarugusu war schnell voll, sodass nacheinander zwei weitere Lager eröffnet wurden: Nduta im Oktober 2015 und Mtendeli im Januar 2016. Für die weiterhin ins Land strömenden Flüchtlinge müsste nun dringend ein viertes Lager eröffnet werden, doch bisher wurde dazu noch kein Ort bestimmt.
Ärzte ohne Grenzen ist seit Mai 2015 in Tansania tätig. Gegenwärtig arbeiten Ärzte ohne Grenzen-Teams in den Lagern Nyarugusu und Nduta. In Nyarugusu betreibt Ärzte ohne Grenzen eine Notaufnahme mit 60 Betten sowie drei Malaria-Kliniken, betreut Menschen mit psychischen Leiden und verteilt täglich 180.000 Liter Wasser. In Nduta ist Ärzte ohne Grenzen die wichtigste medizinische Organisation. Sie betreibt ein Krankenhaus mit 110 Betten sowie vier Gesundheitsposten und bietet darüber hinaus psychologische Betreuung an.