Vertriebene in Nigeria: Mit innovativer Idee gegen lebensgefährliche Holzsuche
Auf der Suche nach Feuerholz mussten die Menschen eines Vertriebenenlagers in Pulka im Nordosten Nigerias regelmäßig ihr Leben riskieren. Viele berichteten von Übergriffen durch bewaffnete Gruppen außerhalb des Camps. Unser Team suchte nach Wegen, um den Menschen etwas mehr Sicherheit in ihrem täglichen Leben zu ermöglichen. Die Lösung unserer Experten bot ein vermeintliches Abfallprodukt: Zuckerrohreste.
„Ich sprach mit einigen Menschen, die angegriffen worden waren. Ihre Geschichten waren schrecklich. Für ein Bündel Feuerholz zum Zubereiten des täglichen Essens mussten sie ihr Leben riskieren“, erzählt Michael Githinji von unserer „Displacement Unit“. Er und seine Kollegen suchen nach innovativen Ideen, wie Flüchtlinge und Vertriebene mit den verfügbaren Ressourcen ihr Leben verbessern können. Um helfen zu können, verschaffte sich das Team zunächst einen persönlichen Eindruck vom Leben und Alltag im Camp.
Zuckerrohrreste als alternative Brennstoffquelle
„Schnell kam ich zu dem Schluss, dass wir uns im Camp nach einer alternativen Brennstoffquelle umschauen sollten. Diese musste sowohl dauerhaft verfügbar sein, als auch ins Budget passen, also mehr oder weniger kostenlos sein“, berichtet Githinji. Das Team experimentierte mit verschiedenen Abfällen, wie Maiskolben und Erdnussschalen. Schließlich stießen sie auf Zuckerrohrreste – getrocknet und gepresst eine gute Alternative für Feuerholz, das ergaben die Tests. „Wir fanden heraus, dass sich mit sechs unserer prototypischen Briketts ein Feuer entzünden lässt, das eine Stunde brennt. Das ist genügend Zeit, um die tägliche Mahlzeit zu kochen“, so Githinji.
Das Team entwickelte eine mechanische Presse, mit der sich Zuckerrohr-Briketts als nachhaltiger Brennstoff leicht herstellen lassen. Mit der Unterstützung von lokalen Handwerkern und Schweißern wählten sie Materialien aus, die es erlaubten, die Presse einfach und günstig zu reproduzieren. Derzeit kostet eine Presse zwischen 20 und 30 US-Dollar. Michael Githinji ist diesbezüglich jedoch optimistisch: „Der Preis kann und wird noch fallen.“
Wie geht es weiter?
Damit die Idee von den Menschen vor Ort angenommen wird, brauchte unser Team die Unterstützung der Ältesten im Camp, denen es das neue Verfahren zuerst präsentierte. In der nächsten Zeit wird unser Team die Entwicklungen weiterverfolgen und beobachten, ob sich die neue Methode dauerhaft durchsetzen kann. „Es genügt nicht, eine Idee nur vorzustellen und anschließend wieder zu gehen. In den nächsten Monaten müssen wir beobachten, wie die Frauen die Idee annehmen“, sagt Githinji. Er hofft, dass durch seine Idee künftig weniger Menschen auf der Suche nach Feuerholz verletzt werden.
Eine andere Hilfsorganisation hat bereits Interesse an der Presse signalisiert. Möglicherweise kommt sie künftig auch in weiteren Gemeinden von Borno zum Einsatz. Darüber hinaus testen unsere Teams sie derzeit auch im Sudan.
Der Konflikt zwischen Boko Haram und dem nigerianischen Militär dauert nun schon acht Jahre an. Mehr als zwei Millionen Menschen mussten ihr Zuhause verlassen und niemand weiß, ob und wann sie zurückkehren können. Es wird kaum noch Nahrung produziert, sodass besonders Kinder drastisch mangelernährt sind. Im Bundesstaat Borno leisten wir medizinische Hilfe und verteilen Lebensmittel. Inzwischen sind viele Menschen komplett von humanitärer Hilfe abhängig. Doch in vielen abgeschiedenen oder von der Boko Haram kontrollierten Gebieten kommt weiter keine Hilfe an.