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Verhandlungen zum Welt-Tuberkulose-Gipfel: USA stellen Profite der Pharmaindustrie über Menschenleben - Deutschland muss US-Vorstoß entgegentreten

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen protestiert energisch gegen einen Vorstoß der US-Regierung in den Verhandlungen zum Welt-Tuberkulose-Gipfel, der den Zugang von Menschen in ärmeren Ländern zu lebenswichtigen Medikamenten stark gefährden kann. Derzeit wird bei den Vereinten Nationen in New York die wichtige Abschlusserklärung des historischen ersten UN-Gipfels zu Tuberkulose im September verhandelt. Die USA üben massiven Druck auf andere Regierungen aus, im Sinne der Pharmaindustrie einen wichtigen Teil des Textentwurfs zu streichen, der Regierungen in ärmeren Ländern ermöglicht, bezahlbare Preise für lebenswichtige Medikamente sicherzustellen. Die Verhandlungen sollen am Montag abgeschlossen werden.

„Was die Verhandler der USA derzeit machen, ist ein absoluter Skandal“, sagt Marco Alves von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. „Das Ziel dieses Vorstoßes ist es, Milliardenprofite für Firmen zu sichern, die auf Kosten der Gesundheit von zigtausenden Menschen gehen. Gerade angesichts der gestiegenen Zahl von Patienten mit resistenter Tuberkulose, gegen die bisherige Medikamente nicht mehr wirken, ist es absolut notwendig, dass der Zugang zu neuen, aber oft viel zu teuren Medikamenten gesichert ist. Die rechtlichen Eingriffsmöglichkeiten für Regierungen weltweit angesichts exorbitanter Medikamentenpreise sind im Welthandelsrecht und in zahlreichen Abkommen bis heute immer wieder gesichert und gestärkt worden. Die USA wollen diese verbrieften Möglichkeiten zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerade angesichts einer globalen Gesundheitskrise wie Tuberkulose kippen. Diese abgebrühte „America first“-Politik ist bereit, fatale Folgen für Patienten in ärmeren Ländern in Kauf zu nehmen. Die USA wollen offenbar einen Präzedenzfall schaffen, der weit über Medikamente gegen Tuberkulose hinausgehen könnte. Wir rufen alle Regierungen auf, dem Druck der USA standzuhalten. Die Bundesregierung setzt sich auf internationaler Ebene stark für globale Gesundheit ein. Wir fordern, dass Deutschland sich in diesem Punkt gemeinsam mit der EU gegen die USA stellt und untermauert, dass Profite niemals über Menschenleben gestellt werden dürfen.“

Tuberkulose ist mit 1,7 Millionen Todesfällen die weltweit tödlichste Infektionskrankheit. Sie betrifft vor allem Menschen in armen Ländern, die sich oft eine lebensnotwendige Behandlung nicht leisten können. Die Behandlung von multiresistenten Formen der Tuberkulose ist auf Grund teurer Medikamente schon heute äußerst teuer und kostet oft mehrere tausend Euro pro Patient. Angesichts fortschreitender Resistenzen ist entscheidend, dass auch neu zu entwickelnde Medikamente bezahlbar sind, auf die viele Patienten für ihr Überleben angewiesen sein werden.

Die US-Regierung will beispielsweise verhindern, dass die Gipfelerklärung Zwangslizenzen als Möglichkeit für ärmere Länder vorsieht, die im Falle einer Beeinträchtigung der öffentlichen Gesundheit die Produktion von Nachahmer-Medikamenten erlauben. Zwangslizenzen sind ein wichtiges Instrument, um zu verhindern, dass lebenswichtige Medikamente für Menschen in ärmeren Ländern auf Grund von überhöhten Preisen der Pharmafirmen unbezahlbar bleiben. Im TRIPS-Abkommen über geistige Eigentumsrechte der Welthandelsorganisation WTO sind sie explizit erlaubt.