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Durchbruch in der HIV-Prävention: Ärzte ohne Grenzen fordert faire Preise und Produktion von Generika für Medikament Lenacapavir

Berlin/München, 23. Juli 2024. Das HIV-Medikament Lenacapavir könnte eine Trendwende bei der Prävention von HIV einleiten und muss für Menschen überall auf der Welt zugänglich gemacht werden. Deshalb appelliert Ärzte ohne Grenzen gemeinsam mit Aktivist*innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen an den Hersteller Gilead, Lenacapavir über den Medicines Patent Pool zu lizensieren und die Herstellung von preisgünstigen Generika zu ermöglichen. 
 

Damit unterstützt die Organisation einen entsprechenden Aufruf von über 300 Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen in einem offenen Brief an Gilead. 

Lenacapavir hat in der PURPOSE-1-Studie einen 100-prozentigen Schutz vor einer HIV-Infektion gezeigt. Das Medikament ist bisher erst in wenigen Ländern zugelassen und dort nur zu hohen Preisen zu bekommen. Wie weit der aktuelle Preis über dem liegt, was nötig wäre, um das Mittel in der Massenanwendung profitabel zu machen, zeigen neue Daten, die heute auf der Welt-Aids-Konferenz 2024 in München vorgestellt wurden. Demnach ist der derzeit verlangte Preis für Lenacapavir etwa 1000-mal höher als er für einen profitablen Vertrieb des Mittels sein müsste. [1]

„Lenacapavir könnte das Leben all jener Menschen verändern, die einem hohen HIV-Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Und es könnte die Epidemie effektiv eindämmen. Aber dafür muss es in den Ländern mit den höchsten Infektionsraten zu bezahlbaren Preisen angeboten werden.“
- Helen Bygrave, Expertin für chronische Krankheiten der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen.

Weltweit infizieren sich jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen mit HIV, das entspricht einer Infektion alle 24 Sekunden.

„Wir von Ärzte ohne Grenzen würden Lenacapavir gerne in unseren Projekten verwenden. Voraussetzung ist, dass Gilead das Arzneimittel über den Medicines Patent Pool an andere Hersteller lizenziert. Nur so können Generika produziert werden und nur so kann die Versorgung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen gesichert werden.“
- Helen Bygrave.

Wichtig sei außerdem, dass Gilead sich auf einen öffentlichen Preis festlegt, der für Regierungen und Menschen auf der ganzen Welt bezahlbar ist. Die heute vorgestellten Untersuchungen gehen davon aus, dass Lenacapavir bereits bei einem Preis von weniger als 100 US-Dollar pro Person und Jahresdosis für das Unternehmen profitable wäre. Der Preis, den Gilead derzeit in den USA verlangt, liegt bei über 42.000 US-Dollar.

„Damit untergräbt Gileads Preisgestaltung das riesige Potential, das in diesem wissenschaftlichen Durchbruch steckt. Gleichzeitig bremst man die weltweiten Bemühungen um eine Trendwende im Kampf gegen HIV/Aids“,
- kritisiert Bygrave.

Gilead hat in der Vergangenheit bereits Arzneimittel über den Medicines Patent Pool lizenziert, zögert aber im Fall von Lenacapavir. Stattdessen hat der Hersteller mehrere Patente in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen angemeldet, um dort eine Monopolstellung zu erlangen – darunter in Indien, einem wichtigen Herstellungsland für antiretrovirale Medikamente. Solche Patente in Ländern mit entsprechenden Produktionskapazitäten bergen die Gefahr, die Produktion von Generika zu blockieren.

Die Welt-Aids-Konferenz 2024 in München läuft noch bis inklusive 26. Juli 2024. Expert*innen von Ärzte ohne Grenzen sind vor Ort. 
 

 

[1]: In der ursprünglichen Version der Pressemitteilung lautete der Satz nicht korrekt: „Demnach liegt der derzeit verlangte Preis für Lenacapavir etwa 1000 Prozent über dem, was für einen profitablen Vertrieb des Mittels nötig wäre.“

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Unser Teamleiter Media Relations Holger Vieth
Holger Vieth
- Media Relations