Deutschland verzögert die weltweite Eindämmung der Pandemie
14.07.2021 - Anlässlich des Besuchs von Angela Merkel in den USA fordert Ärzte ohne Grenzen die Bundeskanzlerin auf, zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie den Trips-Waiver für eine Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte zu unterstützen. „Deutschland verzögert durch seine Blockadehaltung eine schnelle weltweite Eindämmung der Pandemie“, sagt Barbara Gerold-Wolke, amtierende Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. „Kanzlerin Merkel sollte daher das Treffen mit Joe Biden zum Anlass nehmen, ihre starre Haltung zu revidieren.“
Im Gegensatz zu den USA, dem europäischen Parlament und über hundert anderen Ländern weltweit, blockiert die Europäische Union und vor allem Deutschland weiterhin kategorisch eine Aussetzung geistiger Eigentumsrechte durch den Trips-Waiver. Dabei hat Kanzlerin Merkel unlängst selbst betont, dass die Pandemie mit ihren immer neuen Virusvarianten erst besiegt ist, wenn die Impfquote weltweit hoch genug ist. Doch von den bisher produzierten Impfstoffen gegen Covid-19 sind nur 3,2 Prozent über das Covax-Programm an 134 ärmere Länder gegangen.
„Die Entscheidung der USA, den Trips-Waiver zu unterstützen, war ein riesiger Schritt vorwärts, aber jetzt ist der Prozess offenbar ins Stocken geraten“, sagt Avril Benoit, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen in den USA. „Präsident Biden sollte daher das Treffen mit Kanzlerin Merkel nutzen, darauf hinzuwirken, dass Deutschland seine Blockadehaltung aufgibt. Die USA selbst sollten ihre Unterstützung nicht auf den Bereich Impfstoffe beschränken, sondern auch die Aussetzung von geistigen Eigentumsrechten für Behandlungen, Tests und anderes medizinisches Material gegen Covid-19 unterstützen.“
Der Trips-Waiver würde die Hürden entscheidend senken, weltweit mehr zu produzieren und dadurch die extreme Ungleichverteilung zu verringern. Durch die Delta-Variante stehen viele Gesundheitssysteme in ärmeren Ländern derzeit vor dem Kollaps, auch weil es an Impfungen, Tests und anderem Material fehlt.
„Deutschland ist mit seiner blockierenden Haltung gegen den Trips-Waiver zunehmend isoliert“, sagt Gerold-Wolke. „Der Besuch in den USA bietet Kanzlerin Merkel die Chance, endlich zu handeln und als vermeintlicher Champion für globale Gesundheit Verantwortung zu übernehmen.“ Ärzte ohne Grenzen fordert Merkel auf, den Trips-Waiver zu unterstützen, Impfdosen an ärmere Länder abzugeben und die deutschen Impfstoffhersteller zu einem schnellen Technologietransfer zu drängen.