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Myanmar

Ärzte ohne Grenzen fordert uneingeschränkten Zugang zum Staat Rakhine

Berlin, 10. August 2018. Ärzte ohne Grenzen fordert die Regierung von Myanmar auf, humanitären Organisationen uneingeschränkt Zugang zum Norden des Bundesstaats Rakhine zu gewähren. Die Organisation kann seit einem Jahr dort keine Hilfe mehr leisten. Auch andere unabhängige Organisationen werden daran gehindert, die hilfsbedürftige Bevölkerung in dem Gebiet zu erreichen. Ärzte ohne Grenzen befürchtet, dass Hunderttausende Rohingya keine notwendige medizinische und humanitäre Hilfe erhalten.

„Es gibt keine nachhaltige unabhängige Erhebung der humanitären Situation im Norden von Rakhine. Niemand hat ein umfassendes Bild über die Lage vor Ort und die medizinischen und humanitären Bedürfnisse der Menschen“, sagt Benoit de Gryse, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen. „Wir haben wiederholt bei der Regierung von Myanmar die notwendigen Reise- und Arbeitsgenehmigungen beantragt, aber bürokratische Hürden haben das unmöglich gemacht. Ärzte ohne Grenzen fordert die Regierung erneut auf, allen unabhängigen und unparteiischen humanitären Organisationen sofortigen uneingeschränkten Zugang zum Norden von Rakhine zu gewähren.“

Ärzte ohne Grenzen hatte seit 1994 allen Bevölkerungsgruppen im Norden von Rakhine medizinische Hilfe geleistet. Vor einem Jahr, am 11. August 2017, entzog die Regierung von Myanmar der Organisation die Erlaubnis. Zu diesem Zeitpunkt betrieb Ärzte ohne Grenzen drei Kliniken zur Basisgesundheitsversorgung und behandelte pro Monat mehr als 11.000 Patienten. Zwei Wochen darauf ereigneten sich Angriffe der „Arakan Rohingya Salvation Army“ (ARSA) und als Antwort darauf gab es groß angelegte Militäroperationen. Seitdem sind viele Gebiete verlassen. Mehr als 700.000 Rohingya im nördlichen Rakhine flohen vor gezielter Gewalt nach Bangladesch. Drei der vier Kliniken von Ärzte ohne Grenzen wurden niedergebrannt. Dennoch leben immer noch 550.000 bis 600.000 Rohingya in Rakhine, die als staatenlos gelten. „Die medizinischen Bedürfnisse der verbliebenen Rohingya in Nord-Rakhine sowie der Arakanesen und anderer Minderheiten müssen gründlich und unabhängig beurteilt werden", sagt De Gryse.

Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen sind weiter in der Stadt Maungdaw präsent, obwohl sie keine medizinische Hilfe leisten können. Die Teams hören von der Rohingya-Gemeinschaft, dass sie weiterhin kaum medizinische Versorgung finden. Muslimische Patienten werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und sind mit unerschwinglichen Gebühren für medizinische Hilfe konfrontiert. Eine Person musste in den vergangenen Monaten für eine medizinische Versorgung ihrer kranken Mutter nach Bangladesch fliehen. Dennoch starb diese dort. „Wir haben keinen Zugang nach Sittwe oder Rangun, so bleibt uns nur, die Grenze nach Bangladesch zu überqueren. Dies ist eine sehr riskante Route", erzählte sie. „Wenn ich meine Mutter zurück in mein Dorf bringen und neben meinem Vater beerdigen könnte, wäre ich sehr glücklich. Aber das wird wegen der Umstände in meinem Land nicht geschehen."

Die Regierung von Myanmar behauptet, dass der Bedarf an Gesundheitsversorgung gedeckt sei. Die gravierenden Beschränkungen für humanitäre Helfer in Nord-Rakhine aber unterstreichen, dass es an unabhängigen Informationen über die Bedingungen vor Ort mangelt.

Ärzte ohne Grenzen bietet weiterhin im Distrikt Sittwe, im Zentrum von Rakhine, eine Basisgesundheits- und Notfallversorgung an und hat medizinische Projekte in Shan, Kachin und Rangun sowie in der Selbstverwaltungszone Naga und in der Tanintharyi-Region.