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Während schwerster Dürre seit Jahrzehnten sind Tausende Menschen an akutem wässrigem Durchfall erkrankt

Eine der schwersten Dürren der vergangenen 30 Jahre hat in der Somali-Region im Osten Äthiopiens zu einem massiven Ausbruch von akuten wässrigen Durchfall-Erkrankungen geführt. Ärzte ohne Grenzen unterstützt die äthiopischen Gesundheitsbehörden in der Region Dolo, dem östlichsten Zipfel des Landes an der Grenze zu Somalia, um dieser Situation zu begegnen. Es sind jedoch dringend mehr finanzielle und personelle Ressourcen nötig, um die Ausbreitung der Erkrankung zu stoppen. Der Ausbruch der Durchfall-Erkrankungen ist nur eine von vielen Krisen, die durch die Dürre ausgelöst wurden – so sind die Lebensmittelpreise bereits stark gestiegen. In der Region Dolo sind die hohen Zahlen von schwer mangelernährten Kindern alarmierend.

Der Ausbruch der Durchfall-Erkrankungen wurde Anfang April offiziell von der Regierung bestätigt. Mehr als 16.000 Menschen sind seit Beginn des Jahres von akutem wässrigem Durchfall betroffen, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die äthiopischen Behörden sprechen von etwa 3.500 neuen Fällen pro Monat. „Dürre, Mangelernährung und Krankheiten sind eine tödliche Kombination“, sagt Oliver Schulz, Landeskoordinator in Äthiopien.  „Es wird dringend mehr Hilfe benötigt, um für sauberes Wasser, Infrastruktur und die nötigen finanziellen Mittel zu sorgen. Wenn das nicht schnell passiert, sind viele Menschenleben in Gefahr.“

Die schlimmen Folgen der Dürre

Die Menschen in der Region leben größtenteils als Nomaden und nutzen die Regenzeit, um Wasser für das restliche Jahr zu sammeln. Geringer Regenfall in den vergangenen beiden Regenzeiten hat zu einer schweren Dürre geführt. In manchen Gegenden müssen die Menschen mit weniger als zwei Litern pro Tag auskommen. Ohne Zugang zu ausreichend sauberem Wasser nutzt die Bevölkerung ungereinigte Wasserquellen, was zur Verbreitung von akutem wässrigem Durchfall führt.

Die Regierung hat bislang 100 Gesundheitszentren eingerichtet und mehr als 1.200 medizinische Mitarbeiter bereitgestellt. Doch das medizinische Personal steht wegen des Wassermangels vor großen Herausforderungen bei der Behandlung der Patienten. Viele dieser Gesundheitseinrichtungen waren überfordert mit dem plötzlichen Ausbruch. Ärzte ohne Grenzen unterstützt die staatlichen Gesundheitszentren dabei und versucht bei einem neuen Ausbruch so schnell wie möglich zu den Menschen zu gelangen, die sich auf der Suche nach Wasser an immer neuen Orten niederlassen. Zwar ist ein Rückgang der Fälle zu verzeichnen, doch das Risiko der Wiederansteckung bleibt sehr hoch.

Die Teams der Organisation stellen fest, dass besonders in den am stärksten betroffenen Gegenden in der Region Dolo die vorhandene Infrastruktur nicht ausreicht. Um das Trinkwasser sicher lagern zu können, benötigen die Menschen mehr Bohrlöcher, Pumpen, Wassertransporter oder Wassertanks. Hierfür wird dringend mehr Unterstützung von internationalen Hilfsorganisationen gebraucht.

Alarmierend hohe Zahlen von schwer mangelernährten Kindern

Der Ausbruch der Durchfall-Erkrankungen ist nur eine von vielen Krisen, die durch die Dürre ausgelöst wurden. Der Preis für Lebensmittel ist bereits sehr stark gestiegen. Laut der UN brauchen etwa 5,7 Millionen Menschen in Äthiopien Nahrungsmittelhilfen. Schon vor der offiziellen Ausbruchserklärung berichteten Ärzte ohne Grenzen und die äthiopische Regierung von alarmierend hohen Zahlen von schwer mangelernährten Kindern in der Region.

In den ersten drei Monaten des Jahres 2017 haben Teams der Organisation in der Region Dolo mehr als 2.350 Patienten mit schwerer akuter Mangelernährung in Gesundheitszentren behandelt.  Im Vergleich dazu waren es im gesamten Jahr 2016 1.230 Patienten. Schwere akute Mangelernährung ist lebensbedrohlich, vor allem für kleine Kinder. Die Teams haben bei der Behandlung von akutem wässrigen Durchfall in den Städten Geladin und Danod viele Kinder unter fünf Jahren mit klaren Anzeichen von Mangelernährung gesehen.

Viele Menschen – vor allem Frauen und Kinder – müssen auf der Suche nach Wasser umherziehen, um sich und ihr Vieh am Leben zu halten. „Unser ganzes Vieh ist gestorben“ ist ein Satz, den man in den inoffiziellen Siedlungen wiederholt hört. Eine Frau, deren Kind wegen schwerer Mangelernährung im therapeutischen Ernährungszentrum von Ärzte ohne Grenzen in Warder behandelt wurde, erzählt eine ähnliche Geschichte: „Früher sind wir mit unserem Vieh umhergezogen. Aber unser letztes Kamel ist gerade gestorben und jetzt müssen wir uns an irgendeinem Ort niederlassen, an dem es noch Wasser gibt.“ Diese inoffiziellen Siedlungen sind überall verstreut und erschweren es, alle Menschen schnell zu erreichen.