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Fotostory: Auf der Jagd nach Moskitos – wie eine Studie im Kampf gegen Malaria helfen soll

„Diese Käfige haben mein Vater und meine Schwester selbst gebaut“, erzählt unsere Entomologin (Insektenforscherin) Jeanine Loonen begeistert. Sie arbeitet an einer Studie, die dazu beitragen soll, Menschen besser vor Malaria zu schützen: Allein 2016 erhielten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 216 Millionen Menschen eine Malaria-Diagnose und 445.000 starben an der Krankheit. Deswegen ist die Arbeit von Wissenschaftlerinnen wie Jeanine Loonen so wichtig, und spannend ist sie auch.

Malaria wird durch die Anopheles-Mücke übertragen. Das Insekt kann den Krankheitserreger, einen Parasiten, aufnehmen, wenn es eine infizierte Person sticht. Dann besteht die Gefahr, dass eine andere Person infiziert wird, wenn sie auch von der Mücke gestochen wird. Die Symptome von Malaria ähneln denen einer gewöhnlichen Grippe: Muskelschmerzen, Fieber und Kopfschmerzen – Erbrechen und Krampfanfälle können hinzukommen. Unbehandelt kann Malaria tödlich enden.

Äthiopien ist ein Land, in dem Malaria in vielen Gebieten regelmäßig vorkommt. Besonders zählt dazu die Region Gambella an der Grenze zum Südsudan. Dort ist die Anzahl der Krankheitsfälle enorm hoch. 72.000 der 81.000 Menschen, die Ärzte ohne Grenzen 2017 aufgrund einer Malaria-Erkrankung in Äthiopien behandelten, lebten in Gambella. Die Hälfte der Patienten und Patientinnen dort sind südsudanesische Geflüchtete, die jetzt in mehreren Camps in der Region leben.

Verschiedene Mücken-Arten werden untersucht

Wegen der hohen Zahl der Krankheitsfälle in der Region haben wir uns dazu entschlossen, dort eine Malaria-Studie durchzuführen. Jeanine Loonen untersucht für uns, welche Moskito-Arten im Umkreis der Flüchtlingslager Kule, Nguenyyiel und Tierkidi in Gambella leben und wie wirkungsvoll die von Ärzte ohne Grenzen vor Ort eingesetzten Insektizide sind. Die dort lebenden Menschen sind aufgrund der schwierigen Lebensumstände besonders verletzlich. Wenn uns die Ergebnisse der Studie vorliegen, wollen wir überprüfen, ob wir sie in Zukunft besser vor Malaria schützen können.

Um herauszufinden, welche Moskito-Arten in der Umgebung leben, haben wir Lichtfallen in den Unterkünften der Camps verteilt. Die Fallen sind neben Betten aufgestellt, sodass die Mücken durch die schlafenden Personen angelockt werden. Aber bevor die Mücke stechen kann, wird sie von der Falle angezogen. Am nächsten Tag sehen wir uns die gefangenen Moskitos unter dem Mikroskop an.

Bislang haben wir in der Gambella-Region drei unterschiedliche Arten identifiziert: Culex-Moskitos, die Japanischen Enzephalitis übertragen können, Anopheles-Mücken, die Malaria übertragen können, und Aedes-Moskitos, die Dengue-Fieber, Chikunguny-Fieber und das Zika-Virus übertragen können. Ob die von uns vor Ort gefundenen Exemplare auch Krankheitserreger in sich tragen, wissen wir aktuell noch nicht. Das wird sich bei der anschließenden molekularen Untersuchung herausstellen, die wir in Europa durchführen lassen.

Wie bekommt man heraus, welche Insektizide wirken?

Wir sammeln Mücken-Larven an mehreren Brutstätten rund um die Camps und brüten sie aus, denn zur Untersuchung der Resistenz gegen spezifische Insektizide benötigen wir erwachsene Mücken. Insgesamt testen wir 14 verschiedene Insektizide auf ihre Wirksamkeit, indem wir die Mücken imprägnierten Moskitonetzen, besprühten Wänden bzw. Papier aussetzen.

„Normalerweise benötige ich zwei Koffer voll Materialien um eine Studie wie diese durchführen zu können. Also habe ich nach leichterer aber trotzdem stabiler Ausstattung gesucht“, erzählt Jeanine Loonen. „Als ich mit meiner Familie darüber sprach, entwickelten wir die Idee eines leichten, aber robusten Käfigs. Mein Vater entwickelte den Rahmen aus PVC-Rohren und meine Schwester designte und webte das Netz, das die Moskitos gefangen hält. Meine Käfige sind einzigartig!“

Das Vorkommen der Mücken wird kartographiert

Nach der Arbeit vor Ort nehmen wir Proben zur molekularen Analyse mit nach Holland. Wir wollen dort die Untergruppen genauer bestimmen und überprüfen, ob sie Krankheitsträger sind. Anhand dieser Daten entstehen Karten, die die Malaria-Hotspots aufzeigen. Dadurch können wir festlegen, wo welche Insektizide am wirkungsvollsten eingesetzt und welche Moskitonetze genutzt werden sollten.

Jeanine Loonen macht ihre Studie viel Freude, sie erzählt: “Die Arbeit fasziniert mich und die Projekte, in denen wir arbeiten sind sehr spannend. Es ist immer witzig, wenn ich in einem Projekt ankomme und die Leute mich fragen: ‚Entomologin? Was will Ärzte ohne Grenzen mit Entomologen?‘ Wenn man daraufhin anfängt zu erzählen, was man genau macht, sind alle immer sehr interessiert.“