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Ärzte ohne Grenzen verstärkt Hilfe für Rohingya-Flüchtlinge massiv

Seit Ende August 2017 sind mehr als 620.000 zur Volksgruppe der Rohingya gehörende Menschen vor Gewalt in Myanmar (Bundesstaat Rakhine) nach Bangladesch geflohen. Wegen der daraus resultierenden humanitären Krise in Cox's Bazar hat Ärzte ohne Grenzen die Aktivitäten in Bangladesch massiv ausgeweitet. In den letzten Monaten haben wir in der Region von Cox’s Bazar mehr als 62.000 Patienten und Patientinnen behandelt. Im Vorjahr hatten im gleichen Zeitraum fünfmal weniger Menschen medizinische Hilfe bei Ärzte ohne Grenzen gesucht.  Es wurden zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, wodurch sich die Zahl der Mitarbeiter vor Ort in Cox's Bazar von 200 auf 861 erhöht hat.

"Wir fürchten den Ausbruch von Krankheiten und einen öffentlichen Gesundheitsnotstand, wenn nicht in weit größerem Umfang Maßnahmen zur Bewältigung der Krise unternommen werden. Ein riesiger Bedarf an Unterkünften, sauberem Wasser, medizinischer Versorgung und Nahrung muss gedeckt werden", sagt Robert Onus, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen.

Wir haben die stationäre Aufnahmekapazität unserer medizinischen Einrichtung in Kutupalong in kurzer Zeit von 50 auf 70 erhöht. Neue Stationen, darunter ein Isolierbereich für infektiöse Krankheiten, wurden eingerichtet. Diese Gesundheitseinrichtung ist die größte von Ärzte ohne Grenzen in Cox's Bazar und wird seit 2009 betrieben. In Balukhali wurde Ende Oktober eine weitere stationäre Einrichtung mit 50 Betten in Betrieb genommen. Der Schwerpunkt liegt dort auf der Versorgung von Müttern und Kindern. Geplant ist zudem die Eröffnung von zwei weiteren stationären Einrichtungen in der Region. Zusätzliche Gesundheitsposten und mobile Kliniken wurden bereits in Kutupalong, Balukhali, Mainnerghona, Jamtoli, Unchiparang und an den von Flüchtenden genutzten Grenzübergängen eingerichtet.

 

Immer neue Geflüchtete kommen an

"Abgesehen von unseren medizinischen Aktivitäten sind unsere Bemühungen um die Verbesserung der Wasserversorgung und der sanitären Anlagen zentral, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern", sagt Robert Onus. "Bei so vielen Menschen ist der Zugang zu ausreichend sauberem Wasser und Sanitäranlagen entscheidend. Weil immer neue Geflüchtete hier ankommen, werden wir diese Arbeiten bis weit in den Dezember hinein fortsetzen."

Ärzte ohne Grenzen hat 510 Latrinen, 105 Bohrlöcher und ein Wasserversorgungssystem installiert. Außerdem werden täglich 55 Kubikmeter Wasser mit Tankfahrzeugen von der medizinischen Einrichtung von Ärzte ohne Grenzen in Kutupalong zu den Siedlungen geliefert. Bis zum Ende des Jahres sollen in den improvisierten Siedlungen in Balukhali und Kutupalong 400  Brunnen und 1.000 Latrinen errichtet werden. 

Die häufigsten Erkrankungen in den überfüllten Lagern sind Atemwegsinfektionen, Durchfall- und Hauterkrankungen. Viele Kinder sind zudem mangelernährt und es gibt zahlreiche Patienten mit Verdacht auf Masern. Wenn die Situation in den zu dicht besiedelten Lagern nicht deutlich verbessert wird, droht der Ausbruch von Epidemien. 

Sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Seit dem 25. August hat unser Team in einer spezialisierten Gesundheitsstation in Kutupalong 75 Frauen und Mädchen behandelt, die vergewaltigt worden waren. Mehr als die Hälfte von ihnen ist minderjährig, einige sind sogar unter zehn Jahre alt. Mehr als 90 Prozent der Patientinnen sind Frauen und Mädchen, die kürzlich aus Myanmar geflohen sind. Wir gehen davon aus, dass bislang nur ein kleiner Teil der Überlebenden von sexualisierter Gewalt Hilfe gesucht hat.

 

Die Flucht der Rohingya aus Myanmar geht derweil weiter. In Myanmar wird Ärzte ohne Grenzen weiterhin von der Regierung daran gehindert, im Norden des Bundesstaats Rakhine Hilfe zu leisten. Dasselbe gilt für andere unabhängige internationale Hilfsorganisationen. Die Regierung von Myanmar hat sich entschieden, in diesem Gebiet nur mit einer ausgewählten Gruppe von Hilfsorganisationen wie dem myanmarischen Roten Kreuz zusammenzuarbeiten. Wir fordern dringend uneingeschränkten Zugang zum gesamten Gebiet von Rakhine, um Menschen in Not unparteiische Hilfe zu leisten.