Die kaum bekannten Folgen des Ebola-Einsatzes: Ein gefährdetes Gesundheitssystem
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat die Ebola-Epidemie das ohnehin fragile Gesundheitssystem schwer getroffen. In dem ländlichen Gebiet Mabalako in der Provinz Nord-Kivu wurden viele Ärzt*innen und Teile des Pflegepersonals für den international finanzierten Ebola-Einsatz eingestellt. Sie fehlen nun – ebenso wie finanzielle Unterstützung – in den lokalen Gesundheitszentren und dem regionalen Krankenhaus. Die Folgen können tödlich sein. In vier Gesundheitseinrichtungen arbeiten wir deshalb daran, die medizinische Grundversorgung zu verbessern und Infektionsrisiken im Krankenhaus zu verringern – inmitten eines aktiven Ebola-Ausbruchsgebiets.
Die kleine Klinik von Metale ähnelt auf den ersten Blick eher einem Außenposten als einem Gesundheitszentrum. Das Innere des Holzgebäudes hat unser Team jedoch so umgebaut, dass nun Behandlungszimmer, mehrere Krankenbetten, eine Entbindungsstation, eine Apotheke und ein Labor darin Platz finden. In einem kleinen, verwitterten Nebengebäude ist die alte Entbindungsstation mit einem hölzernen Entbindungstisch noch in Betrieb.
Metale liegt abgelegen in der ländlichen Region Mabalako, mitten im Ebola-Ausbruchsgebiet. Hier begann im August 2018 der aktuelle Krankheitsausbruch. Allein in dieser Region erkrankten bisher fast 400 Menschen an dem Virus, 300 starben.
Das Rückgrat des kongolesischen Gesundheitssystems
Gesundheitsposten und Gesundheitszentren wie das in Metale sind das Rückgrat des kongolesischen Gesundheitssystems. Sie sind die erste Anlaufstelle für Menschen, die medizinischen Rat oder eine Behandlung benötigen. Häufig werden hier Infektionskrankheiten wie Malaria, Masern oder Cholera diagnostiziert und behandelt. Viele Zentren verfügen außerdem über kleine Entbindungsstationen oder Kinderstationen. Patient*innen mit Komplikationen oder schweren Verletzungen werden an größere Gesundheitszentren oder an das allgemeine Krankenhaus der jeweiligen Region überwiesen.
Das Gesundheitssystem weist jedoch zahlreiche Lücken auf und es fehlt an Ressourcen und Personal. Der internationale Ebola-Einsatz verschärft dieses Problem. In Metale gibt es keinen Strom und keinen Kühlschrank, um Impfstoffe für dringend benötigte Routineimpfungen gegen Masern, Diphtherie oder Tetanus aufzubewahren. In der Provinz Nord-Kivu, zu der auch Metale gehört, wurden mehrere Impfkampagnen ausgesetzt oder verschoben, weil die Aufmerksamkeit und Ressourcen auf den komplexen Kampf gegen Ebola verlagert wurden.
Segen oder Fluch für die Gesundheitszentren und Krankenhäuser
Die Ausweitung des international finanzierten Ebola-Einsatzes kann für Gesundheitszentren und Krankenhäuser in der Region Segen oder Fluch sein. Dort, wo lokale Einsatzteams und internationale Organisationen spezielle Ebola-Isolations- und Behandlungszentren einrichten, verbessern sie oft die Infrastruktur, bezahlen zusätzliches Personal und unterstützen die medizinische Grundversorgung. Aber die benötigten medizinischen Fachkräfte werden fast ausschließlich aus anderen Gesundheitszentren und Krankenhäusern in der Region angeworben. Diese sind in der Folge mit einem kritischen Personalmangel konfrontiert.
Im Krankenhaus in Mabalako ist diese Lücke sehr deutlich sichtbar. Mehr als die Hälfte der Ärzt*innen und des Pflegepersonals fehlen und in den vier Stationen hat niemand genügend Zeit, sich um die Patient*innen zu kümmern. Da die Gehälter im Ebola-Einsatz meist höher sind und zuverlässiger gezahlt werden, sind viele der verbliebenen Mitarbeiter*innen enttäuscht, dass sie nicht für diese Arbeit ausgewählt wurden. Das drückt auf ihre Motivation.
Eine tödliche Mischung: Personalmangel, fehlende Medikamente und ausbleibende Gehälter
Wenn in den Krankenhäusern Personal fehlt, Medikamente nicht verfügbar sind und Gehälter nicht gezahlt werden, entsteht eine tödliche Mischung. „Wir haben Kinder auf der Kinderstation verloren, weil sie nicht die richtige Malariabehandlung bekommen haben - ein Fehler, der mit den richtigen personellen Ressourcen und mehr Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können“, sagt unser Arzt Brian Da Cruz, der die beiden verbliebenen Ärzte im Krankenhaus in Mabalako unterstützt. Sie sind für einen Operationssaal, eine Geburtsabteilung, eine Kinderklinik und eine reguläre Station mit mehr als 40 Betten zuständig.
Das Krankenhaus verfügt außerdem über eine einfache Isolierstation für Patient*innen mit Infektionskrankheiten. Doch es gibt keine Umkleideräume, keine Dekontaminationszone und Familien können ihre Angehörigen nicht besuchen. Daher werden Ebola-Verdachtsfälle in eine andere, besser ausgestattete Einrichtung gebracht. Die Räume werden derzeit für die Beobachtung von vier Kindern mit Masern genutzt. Masern sind durch Impfungen vermeidbar, aber hochansteckend. In der Demokratischen Republik Kongo kommt es regelmäßig zu epidemischen Masern-Ausbrüchen.
Mehr Unterstützung für die allgemeine Gesundheitsversorgung
Lange Zeit konzentrierte sich unsere Arbeit im Regionalkrankenhaus und den Gesundheitszentren der Region darauf, die Infrastruktur zu verbessern und die verbliebenen Mitarbeiter*innen zu unterstützen. Aktuell prüfen wir jedoch, eine aktivere Rolle einzunehmen: „Wir diskutieren darüber, eine stärkere Rolle im Krankenhaus und in den drei von uns unterstützten Gesundheitszentren zu spielen, indem wir Führungsverantwortung übernehmen, Schulungen am Arbeitsplatz anbieten und sicherstellen, dass die Patient*innen Zugang zu kostenloser Versorgung haben, während das Personal bezahlt wird“, erklärt unsere Projektkoordinatorin Amandine Colin.
Um die gegenwärtige Ebola-Epidemie zu beenden, werden umfangreiche Ressourcen und Fachwissen eingesetzt. Doch ohne sich für eine bezahlbare und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung einzusetzen, droht der Kampf gegen Ebola langwierige und problematische Folgen zu haben.