Nach dem Wirbelsturm: Hilfe umfasst auch Cholera-Behandlungen
Hunderte Menschen sind in Folge des Wirbelsturms gestorben, tausende Häuser wurden zerstört. In vielen Regionen gibt es nach dem Wirbelsturm weder Wasser noch Strom. Teams von Ärzte behandeln Verletzte und ergreifen Maßnahmen gegen eine Ausbreitung der Cholera.
Viele Gemeinden entlang der Südküste und im Landesinneren sind durch den Wirbelsturm stark verwüstet worden. Die Départements Grand'Anse, Nippes und Sud sind am stärksten betroffen. Mehr als zwei Millionen Menschen sollen nach Einschätzung der haitianischen Behörden betroffen sein, 1,4 Millionen benötigen Unterstützung. 546 Menschen sind tot gemeldet, aber die tatsächliche Zahl ist wahrscheinlich größer.
Zerstörung nach dem Wirbelsturm
Medizinische Einrichtungen und Projekte, die vorher bereits unterfinanziert und oft schwach ausgestattet waren, sind ebenfalls betroffen: Die WHO berichtet, dass 23 Gesundheitszentren vom Hurrikan „Matthew“ beschädigt oder teilweise zerstört wurden. Neben den Schäden an Gesundheitszentren kommt erschwerend hinzu, dass die Bestände an Medikamenten und Material schwinden. Der Zugang zu medizinischen Einrichtungen ist ebenfalls eingeschränkt, da in infolge des Wirbelsturms Straßen blockiert sind.
In den Départements Nord und Sud stellen infizierte Wunden und Knochenbrüche (einschließlich komplizierter Frakturen) den häufigsten medizinischen Bedarf nach Hilfe dar. Auch Erkrankungen wie Gastritis und Atemwegsinfekte sind weit verbreitet. Ohne qualifizierte medizinische Versorgung können infizierte Wunden zu einer Sepsis und schließlich zum Tod führen. Unversorgte Knochenbrüche können in der Spätfolge Behinderungen verursachen.
Unterstützung auch in isolierten Regionen
Die abgelegenen Dörfer in den Bergen brauchen unsere besondere Aufmerksamkeit: Da sie nur sehr schwer zu erreichen sind, gibt es dort kaum medizinische Versorgung, sauberes Wasser, Lebensmittel und Baumaterial. Unsere Teams versuchten deshalb, nicht nur mit dem Auto zu den Menschen zu kommen, sondern auch mit Helikoptern und Eseln. In vielen Dörfern bietet Ärzte ohne Grenzen die einzige medizinische Unterstützung an, der Bedarf ist riesig. Die Regenzeit erschwert unsere Arbeit, das Wetter ist unvorhersehbar. Hubschrauber können nur bei klarer Sicht fliegen. Wenn unsere Teams die Dörfer erreichen, haben sie oft nur zwei bis drei Stunden, um so vielen Menschen wie möglich zu helfen.
Dringend gebraucht: Nahrung, sauberes Wasser, medizinische Versorgung
Da es nur wenige Lebensmittel gibt, sind die Preise gestiegen. Dies stellt ein großes Risiko für die Menschen in dar. Rund 800.000 Menschen sollen laut der Organisation OCHA (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) von der Knappheit betroffen sein. Wir sind darüber sehr besorgt, da eine mangelhafte Ernährung auch Auswirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Menschen haben wird, besonders auf den der Kinder.
Sorge bereitet unseren Teams auch die Wohnsituation der Menschen. Viele Haitianer haben sich aus Trümmern und anderem Unrat Unterkünfte errichtet, die jedoch kaum Schutz bieten. Damit entstehen ideale Bedingungen für Infektionskrankheiten wie Dengue-Fieber, Malaria oder Lungenentzündung.
Ärzte ohne Grenzen bekämpft Cholera
Die Cholera erreicht während der Regenzeit von Oktober bis Dezember ihren jährlichen Höhepunkt im Land. In den vom Wirbelsturm betroffenen Gebieten ist die Zahl der Cholera-Erkrankungen aktuell am höchsten. Wahrscheinlich wird die Zahl der Fälle weiter ansteigen, wenn nicht bald genügend sauberes Wasser und Notunterkünfte bereitgestellt werden.
Nach wie vor funktioniert das Überwachungs- und Meldesystem für Krankheitsausbrüche in den betroffenen Gebieten nur mangelhaft. Wir fürchten daher, dass sich der Ausbruch auf andere Gebiete ausweiten könnte. Will man das verhindern, müssen in gefährdeten Regionen besondere Anstrengungen unternommen werden, um die Menschen rechtzeitig zu impfen. Viele Häuser sind zerstört und es regnet sintflutartig, was eine weitere Ausbreitung von Cholera zusätzlich begünstigt.
Überblick über Verdachtsfälle
Laut PAHO (Pan American Health Organization) wurden in einer Woche 167 Verdachtsfälle in Grand'Anse gemeldet, 464 in Sud, 73 in Artibonite (nördlich von Port-au-Prince) und ein Verdachtsfall in Nippes. Aufgrund des beeinträchtigen Überwachungs- und Meldesystems sind diese Zahlen mit Vorsicht zu bewerten. Ärzte ohne Grenzen glaubt, dass Impfungen gegen Cholera die Ausbreitung in den nicht von Hurrikan "Matthew" betroffenen Gebiete eindämmen können.