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Ibrahim erzählt Boubas Geschichte

Ich war bereit, fünf Jahre lang zu bleiben, wäre es nötig gewesen

Ibrahim Ibrahim blieb an der Seite seines Sohns Bouba, als dieser mehr als zwei Jahre lang im Krankenhaus in Maroua behandelt werden musste. Er erzählt von den vielen bangen Tagen, als es um das Überleben seines Sohns ging, der sich schwere Verbrennungen zugezogen hatte. Während der Vater bei Bouba bleibt, wird das Haus der Familie durch Überschwemmungen zerstört und die Ernte verbrennt. Ibrahim Ibrahim erzählt eine der vielen Geschichten aus dem Krankenhaus in Maroua, das in einer von Konflikt und Klimakrise betroffenen Region liegt. Nach vielen Jahren Aufbauarbeit für diese Einrichtung übergeben wir unsere Aktivitäten an die Behörden und ziehen dorthin weiter, wo unsere Unterstützung jetzt dringend gebraucht wird.  

„Es war ein Dienstag, als Bouba verletzt wurde. Wir hatten zwei Kisten Baumwolle geerntet. Als Bouba sie einsammeln wollte, ging die Baumwolle in Flammen auf. Wir wissen immer noch nicht, wie es passiert ist, aber Boubas Kleidung fing Feuer, und er rannte davon. Die Leute liefen hinter ihm her, um das Feuer zu löschen, doch niemand konnte ihn einholen. Wir mussten die Kleidung von seinem Körper abziehen, und dabei löste sich seine Haut mit ab. Wir brachten ihn ins Krankenhaus unseres Bezirks, doch dort sagte man uns, dass sie ihn nicht behandeln könnten. Sie rieten uns, ins Regionalkrankenhaus nach Maroua zu fahren, wo die Ärzt*innen von Ärzte ohne Grenzen uns empfangen würden.  

Als wir dort ankamen, wurden wir freundlich aufgenommen. Zunächst konnten wir nicht schlafen, weil Bouba ständig weinte. Er rief nach mir, er rief nach allen - ich hatte sehr viel Angst um ihn. Alle kümmerten sich aber gut um uns, und nach und nach verbesserte sich sein Zustand. Schließlich konnte er schlafen. Das bedeutete, dass ich gehen und mich ausruhen konnte, während jemand anderes kam, um an Boubas Bett zu bleiben. Allmählich begann er sogar mit den Leuten im Krankenhaus zu sprechen und er lernte die Ärzt*innen und das Pflegepersonal kennen.

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Kind in einem Krankenhausbett mit Moskitonetzen
Einige der Patient*innen bleiben mehrere Jahre bei uns.
© Patrick Meinhardt

Es gab Leute, die mich fragten, ob ich für die Behandlung bezahlt habe,
wie viele Millionen ich ausgegeben hätte.

Ich war bereit, fünf Jahre lang zu bleiben, wäre es nötig gewesen. Es gab Leute, die mich fragten, ob ich für die Behandlung bezahlt habe, wie viele Millionen ich ausgegeben hätte. Ich sagte, dass Boubas Behandlung kostenlos sei. 

Im Operationssaal erklärten mir die Ärzt*innen immer, was sie taten, und ich stimmte den Behandlungen zu. Ich bat sie, das zu tun, was für ihn am besten wäre. Ich würde sowieso erst nach Hause gehen, wenn er geheilt sei. 

Oft, wenn ich traurig war, dachte ich, dass Bouba nie wieder gesund werden würde. Manchmal wollte ich aufgeben.

Während der Behandlung von Bouba hatte ich viele Sorgen und erhielt psychosoziale Unterstützung. Das half mir dabei, meine Sorgen zu verringern. Wenn ich traurig war, dachte ich oft, dass Bouba nie wieder gesund werden würde. Manchmal wollte ich aufgeben. Als ich aber die Geschichten von Patient*innen hörte, die hier gewesen und genesen waren, beruhigte mich das.  

Als die Verbände schließlich entfernt wurden, konnte er seine Krücken schließlich weglassen und wieder selbstständig gehen. Nach Boubas Krankenhausaufenthalt kamen wir nur noch für  Massage- und Physiotherapie-Terminen zurück. Heute kann er Fahrrad fahren und er geht wieder zur Schule sowie in die Koranschule. Er kann Baumwolle und Hirse ernten, Wasser schöpfen und alle Einkäufe ohne Schwierigkeiten erledigen.

Ich hatte das Haus allein gelassen, um bei Bouba zu sein.
Als ich nach Hause zurückkehrte, war alles zerstört.

Ich hatte das Haus allein gelassen, um die zwei Jahre bei Bouba sein zu können. Als ich zwischendrin nach Hause zurückkehrte, war alles zerstört. Inzwischen war die Regenzeit gekommen und die Überschwemmungen hatten das Haus völlig verwüstet.

Ich musste das Haus also erst wieder aufbauen. Das war aber nicht die einzige Schwierigkeit, mit der wir in diesen zwei Jahren konfrontiert waren: Meine Ernte verbrannte, so dass ich im nächsten Jahr keine neuen Pflanzen anbauen konnte. Da ich auch nichts verkaufen konnte, hatte ich keine Einkommensquelle. Unsere Familie war auf jegliche Hilfe angewiesen, die wir bekommen konnten. Erst drei Jahre nach Boubas Unfall konnte ich endlich wieder arbeiten: Ich baute Baumwolle und Hirse an. Wir sind immer noch dabei, das Haus wieder aufzubauen.

Er gab mir 10.000 Francs. Danach kam er regelmäßig, um zu sehen,
ob wir mehr Unterstützung brauchen.

Auch der Ortsvorsteher kam uns besuchen: Er gab mir 10.000 Francs1. Danach kam er regelmäßig, um zu sehen, ob wir mehr Unterstützung brauchten. Auf diese Weise hat er uns geholfen, bis Bouba aus dem Krankenhaus entlassen wurde.

Als mein Sohn wieder zu laufen begann, kehrte auch meine Hoffnung zurück. Aber erst, als er sich wirklich zu erholen begann, spürte ich tatsächliche Erleichterung. Die Leute sagten mir, dass ich sehr geduldig sei. Ich antwortete, dass man geduldig sein müsse, wenn man jemanden im Krankenhaus begleitet.

 

*In Kamerun gilt der Franc de la Coopération Financière en Afrique Centrale (CFA-Franc BEAC), die Währung der Zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft CEMAC.  - umgerechnet handelt es sich um 15 Euro.