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Immer heftigere Kämpfe in Tripolis – Ärzte ohne Grenzen fordert sofortige Evakuierung von eingesperrten Flüchtlingen aus Libyen

Willkürlicher Beschuss dicht besiedelter Wohngebiete und tägliche Luftangriffe zwingen immer mehr libysche Familien in der Hauptstadt Tripolis zur Flucht aus ihren Häusern. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration haben etwa 25.000 Vertriebene bei Verwandten oder in Notunterkünften in Schulen und anderen Gebäuden Unterschlupf gesucht. Teams von Ärzte ohne Grenzen haben in einigen Notunterkünften Hygieneartikel verteilt und zwei Krankenhäusern chirurgisches Material, Wundverbände und Medikamente geliefert. Die Vorräte der Kliniken reichen nur noch etwa zwei Wochen. Laut Weltgesundheitsorganisation hat es bei den Kämpfen bislang mehr als 200 Tote und mehr als 900 Verletzte gegeben. Neun Krankenwagen wurden im Einsatz zerstört oder beschädigt.

Besonders gefährdet sind mehr als 3.000 Flüchtlinge und Migranten, die willkürlich in Internierungslagern nahe der Kampfzone festgehalten werden. Ärzte ohne Grenzen fordert die sofortige Evakuierung der Menschen aus Libyen. Manche haben seit Tagen nichts zu essen bekommen, viele erhalten nur sehr wenig Trinkwasser. Einige berichten, in direkter Umgebung ihrer Internierungslager habe es Schießereien und Luftangriffen gegeben. Die Menschen haben große Angst und leiden psychisch außerordentlich darunter, nahe der Kampfzone eingesperrt zu sein. Medizinische Teams der Organisation konnten in vier dieser Lager in der vergangenen Woche Nothilfe leisten, indem sie Gefangene behandelten, schwer Erkrankte in Kliniken brachten, Wasser, Lebensmittel und Medikamente lieferten, darunter auch wichtige Tuberkulosemedikamente. 

Im Internierungslager Tajoura sind etwa 600 Flüchtlinge und Migranten gefangen. Die reguläre Essensversorgung funktioniert nicht mehr. Stattdessen haben Bewohner des Stadtviertels die Gefangenen mit Lebensmitteln versorgt, eine dauerhafte Lösung gibt es aber nicht. Ärzte ohne Grenzen hat zweimal Trinkwasser für die Gefangenen geliefert.

Das Internierungslager Sabaa befindet sich nur etwa sechs Kilometer von der Front entfernt. Die Zahl der Gefangenen ist auf fast 540 gestiegen, nachdem 200 Flüchtlinge und Migranten aus dem Internierungslager Ain Zara dorthin gebracht wurden, das nur wenig mehr als einen Kilometer von der Kampflinie entfernt ist. Die Haftbedingungen und die Versorgungslage haben sich dadurch weiter verschlechtert. Teams von Ärzte ohne Grenzen haben Patienten behandelt und Lebensmittel für fünf Tage geliefert. Schon vor den Kämpfen hatte Ärzte ohne Grenzen mit einem detaillierten Bericht Alarm geschlagen, weil viele Gefangene in Sabaa mangelernährt waren.

Im Internierungslager Anjila, das fünfeinhalb Kilometer von der Front entfernt liegt, sind etwa 135 Menschen inhaftiert. Im Lager Abu Salim – sechseinhalb Kilometer von den Kämpfen entfernt – waren vor wenigen Tagen noch 910 Menschen eingesperrt. Es besteht die große Gefahr, dass die Umgebung des Internierungslagers zum Kampfgebiet wird. Dienstagnacht wurde das Viertel Abu Salim bereits beschossen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bemüht sich darum, einige der verwundbarsten Flüchtlinge und Migranten aus Abu Salim in das UNHCR-Sammellager zu bringen, doch es hat nicht die Kapazitäten, um alle zu evakuieren.

Außerhalb der Kampfzone um Tripolis leisten Teams von Ärzte ohne Grenzen weiterhin Hilfe für mehr als 800 Flüchtlinge und Migranten, die willkürlich in Internierungslagern in Khoms, Sliten und Misrata gefangen gehalten werden. Die Mitarbeiter sind besorgt um die mehr als 80 Menschen, die kürzlich in ein Internierungslager der Stadt Sirte gebracht worden waren und dort von ihnen nicht mehr versorgt werden können. Einige von ihnen sind schwerkrank. Medizinische Überweisungen schwer erkrankter Patienten aus diesen Internierungslagern in Kliniken in Tripolis sind wegen der Kämpfe ebenfalls nicht mehr möglich. In Bani Walid leistet ein Team von Ärzte ohne Grenzen weiterhin medizinische Hilfe für Flüchtlinge und Migranten, die aus illegalen Gefängnissen entkommen konnten.

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Stefan Dold
- Media Relations