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Merkel-Treffen mit libyschem Premierminister: Ärzte ohne Grenzen fordert sofortige Freilassung der Gefangenen aus den Internierungslagern

Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft heute den libyschen Premierminister Fayis al-Sarradsch in Berlin. Bei dem Treffen wird es auch um die Situation von Flüchtlingen und Migranten in Libyen gehen, die in zahlreichen Internierungslagern willkürlicher Haft, Folter, Vergewaltigung, Ausbeutung und Sklaverei ausgesetzt sind – auch in solchen, die unter Kontrolle der Regierung von al-Sarradsch stehen.

Dazu erklärt Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland:

„Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich dafür einsetzen, dass Libyen das willkürliche Einsperren von Flüchtlingen und Migranten in unsäglichen Internierungslagern sofort beendet. Die Bundesregierung und die EU dürfen die fortgesetzte Inhaftierung von Menschen unter entsetzlichsten Bedingungen nicht auch noch durch Gelder für Sanierungsmaßnahmen und andere Unterstützungsleistungen indirekt finanzieren.

Die dramatischen Haftbedingungen in den Internierungslagern und die Willkür der Inhaftierungen lassen sich nicht beseitigen, indem Hilfsorganisationen stärker finanziell gefördert werden. Solange Flüchtlinge und Migranten beliebig eingesperrt, unter entsetzlichsten Bedingungen gefangen gehalten und systematisch missbraucht und ausgebeutet werden, werden diese Menschen weiter leiden. Das Haftsystem in Libyen ist durch und durch verkommen und kann nicht von außen verbessert werden. Offiziell sollen sogenannte illegale Migranten in Gewahrsam genommen werden. Tatsächlich handelt es sich aber um Einrichtungen zum Geldmachen. Anstatt dieses korrupte Haftsystem zu unterstützen, mit dessen Hilfe Flüchtlinge und Migranten von Europas Küsten ferngehalten werden, sollte die Bundesregierung sich dafür einsetzen, das willkürliche Einsperren von Menschen zu beenden.

Die Gesetzlosigkeit und der andauernde bewaffnete Konflikt in Libyen haben die Voraussetzungen für ein System geschaffen, in dem Menschen willkürlich über lange Zeiträume eingesperrt, erbarmungslos gefoltert und wie Waren gehandelt werden. Vor allem Frauen werden systematisch sexuell missbraucht und in die Prostitution gezwungen. Das Ministerium, das für die Internierungslager in Libyen verantwortlich ist, hat keine klare Strategie. Die Betreiber der Internierungslager werden von niemandem zur Rechenschaft gezogen.

Da inhaftierte Flüchtlinge und Migranten nicht registriert werden und der Zugang zu den Internierungslagern nur sehr eingeschränkt möglich ist, können auch UN-Agenturen und Hilfsorganisationen die Gefangenen nicht schützen und ihr Schicksal nicht nachverfolgen. Mehr Geld für UN-Organisationen löst das dramatische Problem nicht.“

Ärzte ohne Grenzen leistet seit einem Jahr medizinische Nothilfe in mehr als einem Dutzend Internierungslagern, die unter Kontrolle der libyschen Einheitsregierung von Premierminister Fayis al-Sarradsch stehen.

Eine Dokumentation über von Ärzte ohne Grenzen beobachteten Zustände in den libyschen Internierungslagern finden Sie in unserer Broschüre „Orte des Leidens - Einblicke in Libyens Internierungslager“.