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Eine Operation bedeutet die Chance auf ein neues Leben – Die Geschichte einer geheilten Fistel-Patientin

Bilkisu Aliyu arbeitet in unserem Behandlungszentrum für vesikovaginale Fisteln im Krankenhaus in der Stadt Jahun in Nigeria als Betreuerin für die dortigen Patientinnen. Betroffene von Fisteln leiden unter ständiger Inkontinenz und werden oftmals deswegen ausgegrenzt. Hier erzählt sie die Geschichte einer Patientin, die nach vielen Jahren und zahlreichen Operationen endlich geheilt werden konnte.

Asabe Iro ist 18 Jahre alt. Sie stammt aus dem Dorf Hantsu in Jigwa State, Nigeria. Eine Woche nach ihrer Geburt wurde sie einer traditionellen Genitalbeschneidung unterzogen. Seither leidet Asabe unter einer unnatürlichen Verbindung zwischen Harnblase und Vagina. Eine solche vesikovaginale Fistel und die daraus resultierende Harninkontinenz können typische Folgen von Genitalverstümmelung sein.

Als Asabe zehn Jahre alt war, wurde sie von ihren Eltern im Behandlungszentrum für vesikovaginale Fisteln im Krankenhaus in Jahun vorgestellt. Man untersuchte sie und sagte ihr, sie solle nach ihrer ersten Menstruationsblutung wiederkommen. Bei ihrem nächsten Besuch im Alter von 13 wurde sie zum ersten Mal operiert, um die Öffnung zu schließen. Doch nur eine Woche nach dem chirurgischen Eingriff verlor sie erneut unkontrolliert Urin. Nach einem vierwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus schickte man sie nach Hause und gab ihr einen neuen Termin für eine weitere Operation. Achtmal wurde Asabe zwischen 2010 und 2014 von drei Chirurgen operiert. Doch es gelang den Ärzten nicht, die Harninkontinenz erfolgreich zu behandeln. Man kann sich kaum vorstellen, wie sehr die junge Frau darunter gelitten hat.

Vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen

Asabe geriet zunehmend ins soziale Abseits, weil es für ihre Familie immer belastender wurde, bei ihr im Krankenhaus zu bleiben. Während dieser Zeit wurde Bilkisu Aliyu als Betreuerin ihre wichtigste Bezugsperson. Sie war bei allen Eingriffen mit im Operationssaal anwesend und stärkte Asabe den Rücken. Trotz der vielen Rückschläge hat Asabe ihren Mut nie verloren und alles mit großer Würde ertragen.

Nach der letzten Operation im Jahr 2014 nahm Asabe eine Auszeit und zog zu ihrer Großmutter in Kano. Während dieser Zeit ließ sie sich nicht im Krankenhaus untersuchen. Doch Bilkisu hielt den Kontakt zu Asabe aufrecht und blieb ihr eine wichtige Ratgeberin. 2015 bat sie den Chirurgen Dr. Geert Morren aus Belgien darum, Asabe erneut zu untersuchen. Sie stimmte seinem Vorschlag, sie erneut zu operieren, zu. Und diesmal war die Operation ein Erfolg!

Nach mehreren erfolgreichen Tests wurde sie im Dezember 2016 entlassen. Am Tag ihres Abschieds heiratete sie Umar Shanono, der für Ärzte ohne Grenzen als Wachmann arbeitet. Bald wurde sie schwanger und bekam schließlich im Krankenhaus in Jahun per Kaiserschnitt einen gesunden Jungen.

„Ärzte ohne Grenzen hat mir meine Würde zurückgegeben“

Asabe ist nun wieder mit ihrer Familie vereint und wohnt Tür an Tür mit Bilkisu in Jahun. Sie ist glücklich verheiratet und stolze Mutter. Bei ihrer Verabschiedung hat sie uns Folgendes gesagt: „Solange ich zurückdenken kann, war ich nass vom Urin. Damals hatte ich als Fistel-Patientin ein Leben voller gesundheitlicher und seelischer Schwierigkeiten. Ich bin so froh darüber, endlich trocken zu sein und heute zu heiraten. Ich möchte mich gern als Botschafterin für eine bessere Bildung von Frauen und Mädchen einsetzen und dafür kämpfen, dass alle schmerzhaften traditionellen Praktiken verboten werden. Ärzte ohne Grenzen hat mir meine Würde zurückgegeben. Ich danke allen, die mir geholfen haben!"

Eine Fistel ist eine unnatürliche Verbindung zwischen Scheide und Blase oder Rektum, durch die kontinuierlich Urin oder Fäkalien austreten. Sie entstehen durch verschiedene Arten von Verletzungen. Geburtsfisteln entstehen beispielsweise, wenn bei einem Geburtsstillstand der kindliche Kopf gegen das Becken der Mütter drückt. Außerdem können sie eine Folge von Genitalverstümmelung sein. Weltweit sind mehr als zwei Millionen Frauen und Mädchen betroffen. Wir behandeln Fisteln im Krankenhaus in Jahun, Bundesstaat Jigawa in Nigeria. Dort und in weiteren Gesundheitseinrichtungen bieten wir geburtshilflich bedingte Nothilfe sowie die Versorgung von Neugeborenen an. Unsere Teams behandeln bereits erkrankte Frauen und betreuen Schwangere, um die Entstehung von Geburtsfisteln zu verhindern. Zudem bieten sie psychologische Unterstützung für Betroffene.