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Der “Teen Mums' Club”: Empowerment statt Tabus und Stigmata

Sexualität, Verhütung, Schwangerschaft – das sind Themen, die überall auf der Welt bei Teenagern eher mit Tabus und Stigmata in Verbindung gebracht werden. In Simbabwe versuchen wir das zu verändern, indem wir in unserem Projekt im Township Mbare offene Gespräche anbieten: Wir unterstützen junge Schwangere dabei, ihren Weg mit Wissen und Selbstbewusstsein gehen zu können und selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Es macht große Freude mitzuerleben, wie das das Leben junger Frauen und ihrer Familien positiv verändern kann.

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Portrait von Jaqueline Nzenza, Mutter von Marvellous
Mittlerweile ist Jaqueline Nzenza stolz auf ihre Tochter und darauf, wie selbstständig sie ihr Baby großzieht.

Meine Tochter war in der 10. Klasse, als sie schwanger wurde. Wegen der Schwangerschaft konnte sie nicht in die nächste Stufe gehen. Wir waren enttäuscht, denn wir hatten gerade die Schulgebühren bezahlt. Wir hatten große Träume für unsere Tochter."

- Jaqueline Nzenza, Mutter von Marvellous

Covid-19-Pandemie verschärfte die ohnehin schwierige Situation

Als Simbabwe im März 2020 wegen der Covid-19-Pandemie einen Lockdown verhängte, wurden auch die Schulen für sechs Monate fast vollständig geschlossen. In dicht besiedelten Townships der Hauptstadt Harare, wie Mbare und Epworth, verstärkten die Pandemiemaßnahmen zudem die Armut vieler Menschen. Mädchen sind in Simbabwe ohnehin mit kulturellen Überzeugungen, gesellschaftlichen Tabus und Mythen konfrontiert, die es ihnen erschweren, sich über sexuelle Gesundheit zu informieren und medizinische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Nun aber waren sie abgeschnitten vom Schulalltag und mit dem finanziellen Druck ihrer Familien konfrontiert. Das führte dazu, dass viele Mädchen im Teenageralter zunehmend gefährdet waren, sexualisierter und genderbasierte Gewalt sowie Kinderheiraten ausgesetzt zu sein. Hinzu kamen die enormen Einschränkungen in der Gesundheitsversorgung. Die Konsequenz: Eine Zunahme an Schwangerschaften unter ihnen. 

Tabus, Mythen und teure Gesundheitsversorgung

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Portrait von Marvellous mit ihrem Kind
Marvellous war erleichtert, als sie vom 'Teen Mums' Club' erfuhr und merkte, dass sie nicht allein ist.

In unserer Gesellschaft gilt es für ein Mädchen im schulpflichtigen Alter als Tabu, schwanger zu werden, es wird als demütigend und beschämend für ihre Familie angesehen. Ich wusste nicht, was ich tun oder an wen ich mich wenden sollte."

- Marvellous Nzenza, 18 Jahre

"Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit oder der Sexualität werden in der Gesellschaft nicht offen diskutiert, vor allem nicht zwischen Eltern und ihren Kindern", sagt auch unsere Sozialarbeiterin in Mbare, Relative Chitungo. "In dem Moment, in dem Jugendliche versuchen, sich an ihre Eltern zu wenden und mit ihnen über diese Themen ins Gespräch zu kommen, werden sie verurteilt. Oder es wird ihnen vorgeworfen, bösartig zu sein.“ Und so haben die meisten jungen Menschen auch Angst, sich anderweitig über sexuelle Gesundheit zu informieren. Zudem sind die meisten Gesundheitsdienstleistungen relativ teuer und können von den Jugendlichen kaum in Anspruch genommen werden, ohne dass ihre Familie davon erfährt.

"Es gibt Gründe, warum viele Mädchen nicht in Gesundheitszentren gehen, um sich Kondome oder andere Verhütungsmittel zu holen", sagt Marvellous. "Diejenigen, die über die Verwendung von Kondomen oder deren Vorteile sprechen, werden als unmoralisch oder als Prostituierte abgestempelt. Es gibt auch den Mythos, dass Verhütungsmittel dazu führen, dass man später nie schwanger werden kann."

Der “Teen Mums' Club”: Viele Mädchen in der gleichen Situation

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Mehrere Teilnehmende des Teen Mums Club sitzen einander zugewandt
Wir haben den "Teen Mums' Club" 2020 in den Gemeinden Mbare und Epworth gestartet. Zu der Zeit gab es eine Zunahme von Teenager-Schwangerschaften während der COVID-19-bedingten Lockdowns.
© Dorothy Meck/Afro Vision Trust

Als wir 2015 in Mbare und Epworth ein Projekt eröffneten, dass sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung anbietet, bemerkten wir schnell, dass es insbesondere einen großen Bedarf bei der Unterstützung junger werdender Mütter gibt. 2020 hat unser Team aus Hebammen, Sozialarbeiter*innen und Gesundheitsberater*innen deshalb den “Teen Mums' Club” ins Leben gerufen. Das Ziel: Schwangere Teenager dabei unterstützen, die mit einer Schwangerschaft in jungen Jahren verbundenen Risiken zu mindern. Wir wollen ihnen vielfältiges Wissen über Verhütungsmethoden und Safer-Sex, Schwangerschaft und Elternschaft, psychische Gesundheit sowie Schul- und Berufsaussichten vermitteln. Auch sollen so gesellschaftliche Barrieren überwunden werden, die Müttern den Zugang zur sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung erschweren - darunter Anschauungen, Tabus und teure Gesundheitsdienste. Marvellous erfuhr bei einer Veranstaltung von unserem Projekt und unserer Unterstützung.

Das Team schickte mich in die Edith-Klinik in Mbare und dort wurde ich von einer Betreuerin empfangen. Ich erzählte ihr meine Geschichte und wurde von ihr beraten. Am nächsten Tag kam ich wieder und lernte den 'Teen Mums' Club' kennen. Als ich erfuhr, dass es noch mehr Mädchen in meiner Situation gibt, war ich erleichtert."

- Marvellous Nzenza, 18 Jahre

Auch Marvellous‘ Mutter freut sich, dass ihre Tochter Teil der Gruppe geworden ist und von unserem Team betreut wird: “Marvellous erzählte mir, wie gut sie im”“Teen Mums‘ Club” aufgenommen wurde und dass Ärzte ohne Grenzen ihre Schwangerschaft in einem Krankenhaus anmeldet und begleitet." Parallel konnte Marvellous in dem Projekt eine Ausbildung in der Herstellung von Geschirrspülmittel machen und mit dem Verkauf Geld verdienen.

Die Stimmen junger Menschen ernst nehmen

Der große Schlüssel zum Erfolg des Projekts sind die "Teen Mum Champions": Mädchen, die am Club teilgenommen haben und sich als Peer Educator engagieren. Sie werden in verschiedenen Bereichen der Gesundheitsberatung geschult und können dann andere Mädchen begleiten, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Auch Marvellous Nzenza arbeitet heute als Peer Educator.

Die Hilfe, die ich von Ärzte ohne Grenzen bekommen habe, hat mich dazu inspiriert, meiner Community etwas zurückzugeben. Jetzt ermutige ich andere Teenager, ihre Schwangerschaften zu registrieren, damit sie in sicheren Räumen entbinden können."

- Marvellous Nzenza, 18 Jahre

Hier kommen Marvellous und ihre Mutter selbst zu Wort und erzählen von ihren Erfahrungen mit dem “Teen Mums’ Club”.

Ein weiterer Erfolg des Projekts ist die Einbeziehung der Eltern der jungen Schwangeren: "Ich möchte Eltern ermutigen, ihre Töchter anzunehmen, wenn sie mit solchen Herausforderungen konfrontiert sind. Ich bin Ärzte ohne Grenzen dankbar, weil ich sehen konnte, dass es meiner Tochter nach langer Zeit wieder besser ging", sagt Jaqueline Nzenza heute. "Es macht mich sehr glücklich, dass sie so stolz darauf ist, anderen zu helfen. Und sie kann sich jetzt völlig selbstständig um ihr Baby kümmern und es großziehen."

Wissen bedeutet Empowerment

Auch Marvellous zieht eine positive Bilanz: „Mein Leben hat sich zum Besseren gewendet, weil ich jetzt, im Gegensatz zu früher, gut informiert bin.“ 

Die Regierung Simbabwes hob im August 2020 ein Gesetz auf, das schwangeren Schülerinnen den Schulbesuch untersagte. Doch es gibt weiterhin viel zu tun: Das Stigma, das diese Schülerinnen belastet, lässt sich nicht so leicht abschütteln - viele bleiben immer noch zu Hause. 

Wir planen deshalb, mit anderen Organisationen zusammenzuarbeiten, um die schulische Wiedereingliederung von jungen Müttern weiter zu unterstützen. "Wenn wir zur Schule gehen, haben wir Zeit, uns körperlich und geistig zu entwickeln, und unser Verstand öffnet sich", sagt unsere Sozialarbeiterin Relative Chitungo. "Die Mädchen werden gestärkt. Sie sind in der Lage, die Verantwortung für ihren Körper zu übernehmen und selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen."

Geburtshilfe und Schwangerschaftsversorgung

Viele Frauen gebären ohne medizinische Begleitung und sind damit bei Komplikationen einem lebensgefährlichen Risiko ausgesetzt. Wir bieten sowohl Schwangerschaftsvor- und nachsorge, als auch Geburtshilfe und Notfallversorgung.

Prävention und Familienplanung

Verhütung und Familienplanung sind wichtige Teile unserer Gesundheitsversorgung. Auch Vorsorgeuntersuchungen auf Brust- und Gebärmutterhalskrebs gehören dazu.