Ein Jahr Unruhen – noch immer fliehen wöchentlich Tausend Burunder ins Nachbarland
Als die Spannungen in Burundi im vergangen Jahr vor den Wahlen zunahmen, stockten wir unsere Hilfe massiv auf. Noch immer sind wir eine der wenigen internationalen Organisationen, die in der burundischen Hauptstadt Bujumbura Verletzte und medizinische Notfälle versorgen. Ein Jahr nach dem Beginn der Unruhen fliehen immer noch jede Woche Tausend Menschen in das Nachbarland Tansania. Dort sind zwei Lager, Nyarugusu und Nduta, bereits voll belegt. Ein drittes Lager, Mtendeli, nimmt nun Flüchtlinge aus Nyarugusu sowie Neuankömmlinge auf. Die Sorge ist, dass die drei Flüchtlingslager bald komplett überfüllt sind.
Derzeit leben bereits 140.000 Burunder in Tansania, und die Zahl wird täglich größer. „Da die Zahl der ankommenden Flüchtlinge weiterhin konstant ist, erwarten wir, dass die drei Lager Ende September ihre Auslastungsgrenze erreicht haben“, erklärt unsere Landeskoordinatorin Dana Krause. „Die Camps sind bereits jetzt überfüllt. Wenn sich die Krise in Burundi weiter verschärft, gibt es keinen anderen Ort mehr, wo sich weitere Flüchtlinge niederlassen könnten. In Mtendeli beispielsweise entspricht das verfügbare Trinkwasser nicht den empfohlenen Standards. Das Lager kann nicht noch mehr burundische Geflüchtete aufnehmen.“
Insgesamt sind 260.000 Burunder, die oftmals Zeuge oder selbst Opfer von Gewaltakten wurden, in die umliegenden Länder Ruanda, Uganda, die Demokratische Republik Kongo und Tansania geflohen. Dana Krause erklärt: „Nach einem Jahr ist die humanitäre Hilfe in den Lagern in Tansania noch immer völlig unzureichend, und es wurde zu wenig für einen Ausbau der Unterstützung unternommen.“
Gesundheitseinrichtungen sind überfüllt
Wer heute als Geflüchteter in Tansania ankommt, muss sich auf sehr gedrängte Verhältnisse gefasst machen. Die Gesundheitseinrichtungen sind mit Malaria-Patienten überfüllt, und gleichzeitig gibt es aufgrund der schlechten hygienischen
Bedingungen viele Patienten und Patientinnen mit Atemwegs- und Durchfallerkrankungen.
In den Lagern Nyarugusu und Nduta leisten wir psychologische Hilfe, die Teams dort haben seit Jahresbeginn 13.795 Einzelsitzungen und 1.408 Gruppensitzungen abgehalten. Mehr als 95 Prozent der Flüchtlinge in den psychologischen Sprechstunden erzählen von traumatischen Situationen, die sie in Burundi erlebt haben, und viele leiden unter Depressionen, Angstzuständen und Schlaflosigkeit.
„Die Menschen, die zu uns kommen, sind traumatisiert und weisen unterschiedliche psychische Symptome auf“, erläutert unser Psychologe George Hunter. „Sie haben alles verloren. Noch vor sechs Monaten hatten sie einen normalen Alltag. Dann haben sie grausame Gewalttaten miterlebt und Angehörige oder Freunde verloren. Sie mussten fliehen und leben in Zelten, ohne ihr Hab und Gut.“
„Ich war mitten im Studium, hier aber kann ich den Traum begraben“
Einer der Flüchtlinge im Lager von Nduta ist Joseph. „Als ich hier ankam“, erzählt er, „konnte ich nicht schlafen, da ich an all das denken musste, was wir zurückgelassen haben. Ich dachte, mein Leben sei zu Ende. Ich habe noch immer ständig Angst und fühle mich nicht sicher. Es gibt keine Zukunft für mich. Ich war mitten im Studium und freute mich darauf, bald mein Diplom zu machen. Hier aber kann ich diesen Traum begraben.“
Die Region Kigoma, in der die Lager liegen, weist eine der höchsten Malaria-Ansteckungsraten Tansanias auf. Ungefähr die Hälfte der Patienten in unseren Kliniken in den Lagern Nyarugusu und Nduta sind Malaria-Patienten. Wir haben dort seit Jahresbeginn rund 58.000 an Malaria erkrankte Menschen behandelt. Dana Krause geht davon aus, dass es bald wieder mehr Malaria-Patienten geben wird: „Der Regen wird bis mindestens Juni anhalten, und die Bedingungen in den feuchten und überfüllten Zelten noch schwieriger machen. Moskitos können sich hier sehr gut vermehren. Die einzige Abhilfe besteht darin, die Präventions- und Behandlungskapazitäten schnell und nachhaltig aufzustocken.“
Im Lager Nyarugusu betreiben wir drei Malaria-Kliniken. Im Lager Nduta sind wir die einzige Organisation, die medizinische Hilfe anbietet. Die Teams haben ein Krankenhaus mit 110 Betten aufgebaut. Wir betreiben zudem drei Gesundheitsstationen, in denen wir auch dringend benötigte psychologische Unterstützung anbieten. Wir stellten dort 3.500 Zelte auf und sorgen täglich für die Bereitstellung von 250 Kubikmeter Wasser. Im Lager Mtendeli liefern wir täglich 428.000 Liter Wasser und überwachen die allgemeine Gesundheitslage. Ärzte ohne Grenzen hat in den Lagern Nyarugusu, Nduta und Mtendeli zudem rund 73.000 Moskito-Netze verteilt.
Unsere Arbeit in Burundi finanzieren wir ausschließlich durch private Spenden, wir verwenden dafür keinerlei staatliche Zuwendungen.