Eine Leidenschaft wurde in mir entfacht
Anfangs unterstütze ich Ärzte ohne Grenzen nur gelegentlich während der Hochsaison in einer Klinik in Ebonyi im Südosten Nigerias. Das Team brauchte Unterstützung bei der Versorgung von Patient*innen, die an Lassa-Fieber erkrankt sind: Eine Viruserkrankung, die zu heftigen Blutungen führen kann.
Im Jahr zuvor, gab es hier einen großen Ausbruch. Vielen Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens stand keine geeignete Schutzausrüstung zur Verfügung und sie riskierten schließlich ihr Leben, um die Patient*innen zu versorgen. Einige starben im Laufe ihres Dienstes.
Daraufhin startete Ärzte ohne Grenzen ein Projekt, um eine kostenlose Behandlung zu ermöglichen. Ich wusste, wie gefährlich die Situation beim letzten Ausbruch war und als mir eine befristete Stelle angeboten wurde, war ich skeptisch. Doch an meinem ersten Tag sah ich, dass ich alles bekam, was ich für meine eigene Sicherheit brauchte: ein Kittel, Stiefel, OP-Kleidung, Overalls, Atemschutzmasken und Schutzbrillen.
Ich war ausreichend geschützt und deshalb wusste ich, dass ich die Patient*innen sorgenfrei behandeln konnte.
Mit Leidenschaft
In meinen früheren Jobs hatte ich immer das Gefühl, zwischen zwei Stühlen zu stehen. Ich hatte noch nie irgendwo gearbeitet, wo die Gesundheitsversorgung kostenlos war. Meine ehemaligen Patient*innen und ihre Familien mussten für alles bezahlen und wenn sie das Geld nicht hatten, durfte ich sie nicht behandeln.
Das bedeutet, dass man als Pflegekraft zwei Möglichkeiten hat: Entweder man gibt sein eigenes Geld für die Behandlung aus oder man sieht zu, wie Menschen leiden. Aber in diesen vier Monaten im Lassa-Fieber-Projekt von Ärzte ohne Grenzen konnte ich alles für meine Patient*innen tun, damit es ihnen besser geht.
Ich beschloss, dass dies die Art von Beruf war, den ich als Krankenpflegerin ausüben wollte. Die Leidenschaft in mir war entfacht.
Eine neue Herausforderung
Ich begann nach einer neuen Stelle bei Ärzte ohne Grenzen zu suchen und bekam eine Stelle als Krankenpflegerin im Norden Nigerias, in einem Krankenhaus für Menschen, die durch den dort herrschenden Konflikt vertrieben wurden. Es war ein anderer Bereich als zuvor, aber durch meine Erfahrungen mit dem Lassa-Fieber hatte ich ein umfangreiches Know-how über die Infektionsschutzmaßnahmen gewonnen.
Ich besuchte weiterhin Online-Kurse und meldetet mich zu Schulungen der Infektionsprävention und -kontrolle an. Dieser Zweig der Medizin hat mich wirklich begeistert. Also bewarb ich mich nochmal: Als Leiterin für Infektionsprävention und -kontrolle in eben demLassa-Fieber-Projekt, bei dem meine Reise mit Ärzte ohne Grenzen begonnen hatte. Ich habe die Stelle bekommen.
Überall involviert
Ich liebe meinen Job. Ich habe mit allen Bereichen zu tun und bin überall involviert: dem Labor, der Wäscherei, der zentralen Sterilisationseinheit. Ich arbeite mit dem medizinischen Team, dem Gesundheitsförderungsteam, dem Umweltgesundheitsteam und dem Bauteam zusammen.
Es ist eine Sache, Infektionen zu behandeln, aber es ist eine andere, sie zu verhindern. Wenn eine Infektion vermeidbar ist, versuchen wir genau das zu tun.
Meine Aufgaben
In unserem Projekt sind die Teams für Gesundheitsvorsorge in den Gemeinden unterwegs, um darüber zu informieren, wie die Menschen die Übertragung des Lassa-Fiebers verhindern können. In der Zwischenzeit ist es meine Verantwortung, dass sich das Virus nicht innerhalb des Krankenhauses ausbreitet. Das Lassa-Fieber ist noch nicht ausreichend erforscht, was bedeutet, dass die Diagnose immer noch schwierig ist. Für mich ist es deshalb umso wichtiger, generell allen Infektionen vorzubeugen.
Ich sorge dafür, dass die Mitarbeiter*innen nicht versehentlich infiziert werden. Wenn es doch dazu kommt, sorge ich auch dafür, dass sie überwacht werden und bei Bedarf eine Post-expositions-prophylaxe erhalten. Seit der letzten Krise ist hier kein*e Mitarbeiter*in mehr an Lassa-Fieber gestorben. Wir stellen sicher, dass unser Personal ausreichend geschult ist und dass die Reinigungs- und Dekontaminationsmaßnahmen dem Standard entsprechen.
Manchmal fühle ich mich wie eine Polizistin, die ständig versucht, dass alle die Regeln befolgen und ordentlich mit der Schutzausrüstung umgehen. Es ist aber meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass uns die wenige Ausrüstung nicht ausgeht. Die Kosten für die Beschaffung, die Zeit für den Versand und die Zollabfertigung - all das können wir uns nicht leisten.
Letztes Jahr, als die Hochsaison des Lassa-Fiebers zu Ende ging, begann COVID-19 und wir haben sofort damit begonnen, die COVID-Behandlungszentren zu unterstützen. Und wenn in der Region andere Krankheiten ausbrechen, wie Cholera, Gelbfieber oder akuterDurchfall, sind unsere Teams auch zur Stelle.