Wenn die Mücke sticht: Dengue-Fieber auf dem Vormarsch
„Ich hatte das Gefühl, meine Knochen würden brechen“, sagt Entima Perez. „Ich hatte Fieber, musste mich übergeben und mein Kopf tat weh. Mein Leben war in Gefahr. Es dauerte fast drei Wochen, bis es mir nach der Infektion mit dem Dengue-Virus besser ging."
Dengue breitet sich bei uns in Honduras aus. 2010 haben wir rund 63.000 Infektionen registriert. Damals rief der Staat erstmals den Gesundheitsnotstand aus. 2019 war das bisher schlimmste Jahr. Mehr als 112.000 Menschen erkrankten und 180 starben. Auch 2023 gab es allein in Tegucigalpa, der Stadt, in der unsere Patientin Entima Perez und ich leben, mehr als 9.200 Erkrankte.
Ich arbeite als Ärztin in einem Projekt von Ärzte ohne Grenzen. Wir unterstützen das honduranische Gesundheitsministerium bei der Bekämpfung der Dengue-Epidemie. Wir schulen das Personal in der Diagnose und Behandlung, treiben präventive Maßnahmen voran und fahren von Haus zu Haus, um die Bevölkerung über die Krankheit aufzuklären. In Tegucigalpa behandeln wir außerdem Patient*innen wie Entima und verteilen Moskitonetze.
Die Mitarbeiter*innen von Ärzte ohne Grenzen besuchten mich – zum Glück, denn ich konnte mich kaum noch bewegen. Sie brachten mir Medikamente und endlich ging es mir besser. Ich bin froh, dass niemand anderes in meinem Haus krank wurde“, sagt Entima Perez.
Symptome behandeln
Dengue-Fieber wird durch den Stich einer infizierten Mücke übertragen. Betroffene haben oft Fieber, starke Gliederschmerzen, Übelkeit und Hautausschlag. Verläuft die Erkrankung schwer sind die Patient*innen oft dehydriert, die Leber schwillt an, es kann zu Blutungen im Magen und Darm kommen bis hin zu Schockzuständen. Vor allem bei Kindern kann Dengue auch tödlich verlaufen. Ihr Immunsystem ist noch nicht so gut entwickelt. Wir können nur die Symptome behandeln und lindern, zum Beispiel das Fieber mit Paracetamol senken oder den Flüssigkeitsverlust mit Infusionen ausgleichen.
Mücken mit Mücken bekämpfen
Zu unserer Arbeit in Honduras zählt auch eine innovative, präventive Komponente: Gemeinsam mit dem honduranischen Gesundheitsministerium, weiteren Partner*innen und der lokalen Bevölkerung setzen wir Mücken frei, die wir zuvor im Labor mit dem Wolbachia-Bakterium infiziert haben. Denn dieses Bakterium hemmt die Fähigkeit der Mücken, das Dengue-Virus zu übertragen. Die Methode besteht darin, Aedes aegypti-Mücken (ägyptische Tigermücken) freizusetzen, die das natürliche Wolbachia-Bakterium in sich tragen, das die Fähigkeit der Mücken zur Übertragung von Arboviren verringert.
Wenn Stechmücken mit Wolbachia befallen sind, tritt das Bakterium in Konkurrenz mit Viren wie Dengue, sodass es für diese schwieriger wird, sich im Wirt zu vermehren. So sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Mücken Viren auf den Menschen übertragen. In Gebieten, in denen Wolbachia in der lokalen Mückenpopulation vorkommt, wird Dengue zurückgedrängt“, erklärt meine Kolleg*in Claire Dorion, technische Leiterin unseres Projekts.
Über einen Zeitraum von sechs Monaten setzen wir die gezüchteten Mücken aus. Die Methode ist sicher für Mensch und Umwelt und hat sich in anderen Ländern bereits bewährt. Drei Jahre lang überwachen wir die Entwicklung der Mückenpopulationen und werten diese aus.
Mücken profitieren vom Klimawandel
Wir sprechen bei Dengue von klimasensiblen Krankheiten. Sie werden durch Mücken übertragen und je stärker sich diese Wirte verbreiten können, desto heftiger sind Ausbrüche und desto höher die Zahl der Infektionen. Steigende Temperaturen, dazu längere Perioden von Regen, gefolgt von Trockenheit, bedeuten, dass die Mücken immer besser brüten können. Sie dringen zudem in Regionen vor, in denen sie früher keine idealen Lebensbedingungen fanden. Die weltweit gemeldete Inzidenz ist in den letzten 50 Jahren um das 30-fache gestiegen. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist schon heute gefährdet, sich mit Dengue zu infizieren.
Auch dass Ballungsräume und Städte aufgrund von Landflucht wachsen, begünstigt die Verbreitung der Mücken. Denn sie fühlen sich in Großstädten besonders wohl, die keine gute Abwasserversorgung haben. Wir kümmern uns deshalb auch darum, dass Brutstätten wie Pfützen und stehendes Wasser abgedeckt und gesichert oder mit Mitteln behandelt werden, die die Mückenlarven töten.
In den kommenden Jahrzehnten wird aufgrund des Klimawandels eine weitere Milliarde Menschen dem Dengue-Fieber ausgesetzt sein. Schon jetzt beobachten wir in unseren Projekten wie in Honduras die Folgen des Klimawandels bei unseren Patient*innen.