Schlafkrankheit
Die afrikanische Schlafkrankheit, auch als Westafrikanische Schlafkrankheit bezeichnet, ist eine infektiöse Tropenerkrankung. Expert*innen sprechen von „Humane Afrikanische Trypanosomiasis“ (HAT). Die Erreger werden durch den Stich der Tsetsefliege übertragen. Die Schlafkrankheit betrifft vor allem das Lymph- und Nervensystem. Unbehandelt verläuft sie tödlich.
Die Schlafkrankheit gehört zu den vernachlässigten Krankheiten, in deren Erforschung unzureichend investiert wird, da sie hauptsächlich Menschen in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen betrifft. Wir setzten uns daher mit unserer politischen Arbeit auch für eine Veränderung dieser Situation ein und forschen und entwickeln selbst mit.
Gegen die Afrikanische Schlafkrankheit gab es bis 2018 nur eine Handvoll Medikamente, die oft mit sehr schweren Nebenwirkungen einhergingen. Die Rate der Todesfällen unter den Patient*innen lag bei bis zu 10 Prozent. Gemeinsam mit der Initative DNDi konnten wir eine orale Therapie entwickeln: Eine Pille gegen die Schlafkrankheit. Sie ist nicht nur einfacher einnehmbar als die bisherige Behandlung, sondern verursacht vor allem keine schweren Nebenwirkungen.
Wissenswertes über die Schlafkrankheit
Was ist die Ursache der Schlafkrankheit?
Die Ursache der Schlafkrankheit sind einzellige Parasiten namens Trypanosoma. Es gibt, je nach Region, zwei Unterarten: In West- und Zentralafrika überträgt der Parasit Trypanosoma brucei gambiense (T.b. gambiense) die Schlafkrankheit, in Ostafrika ist es der Trypanosoma brucei rhodesiense (T.b. rhodesiense).
Sind die Parasiten erst einmal im menschlichen Körper, verteilen sie sich über den Blutkreislauf und vermehren sich. Das Immunsystem kann die Fremdlinge schwer erkennen und bekämpfen, denn die Parasiten verändern ständig ihre Oberfläche.
Die Unterarten des Parasiten verursachen beim Menschen unterschiedliche Krankheitsbilder: T. b. gambiense verursacht eine langsam fortschreitende Form der Schlafkrankheit, während T. b. rhodesiense eine akutere Form verursacht.
Wie steckt man sich mit der Schlafkrankheit an?
Die Erreger der Schlafkrankheit werden durch die tagaktive, blutsaugende Tsetsefliege auf den Menschen übertragen. Die Tsetsefliege kommt in Feuchtgebieten wie Flussläufen oder Sümpfen und seltener in trockenen Savannenlandschaften vor. Ihre Stiche sind schmerzhaft und gehen durch die Kleidung. Pro Stich überträgt das Insekt mehrere tausend Erreger.
Welche Symptome haben Patient*innen mit der Schlafkrankheit?
Die Symptome der Schlafkrankheit sind, je nach Phase, unterschiedlich:
Phase 1 ist durch unspezifische Symptome gekennzeichnet: Fieber, Schwäche, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Lymphknotenschwellungen.
In Phase 2 greifen die Erreger vor allem das Nervensystem an. Das äußert sich in Form von: Schlafstörungen, Krampfanfällen, Erschöpfung und Verwirrung.
In Phase 3 erreichen die Parasiten das Gehirn und Rückenmark. Es folgen: schwere neurologische Schäden, schwere Schlafstörungen, Umkehr des Schlaf-Wachrhythmus und die Patient*innen verfallen in einen Dämmerzustand ähnlich einem Koma.
Wie wird die Schlafkrankheit diagnostiziert?
Die Diagnose der Trypanosomiasis stellen Ärzt*innen durch den mehrfachen Labornachweis der Parasiten im menschlichen Körper. Das Probenmaterial gewinnen sie aus
- Blutabnahmen
- Einstichstellen
- Gehirnwasser, gewonnen durch die Punktion des Rückenmarkkanals
Wie wird die Schlafkrankheit behandelt?
Die Schlafkrankheit wird medikamentös behandelt. Während die zur Behandlung der Schlafkrankheit verwendeten Medikamente lange Zeit über einen längeren Zeitraum unter anderem gespritzt werden mussten und starke Nebenwirkungen wie etwa Nierenschäden hatten, gibt es mittlerweile das Medikament Fexinidazol.
Dieses wurde von der DNDi entwickelt und 2018 zugelassen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur empfiehlt Fexinidazol als erste rein orale Behandlung, der Wirkstoff kann einfach per Tablette eingenommen werden.
Je nachdem, in welchem Stadium der Krankheit, Patient*innen eine Behandlung erhalten, bleiben Langzeitfolgen zurück. Je schneller an der Schlafkrankheit erkrankte, die richtige Behandlung erhalten – desto höher ihre Chance zu überleben und vollständig zu genesen.
Expert*innen erwarten zudem die Einreichung des Zulassungsdossiers eines weiteren oralen Wirkstoffs Acoziborol bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur. Derzeit wird Acoziborol noch getestet.
Ärzte ohne Grenzen gehört zu den Gründungspartnern von DNDi.
Wie verbreitet ist die Schlafkrankheit?
Die Schlafkrankheit tritt vor allem in der afrikanischen Subsahara auf – betroffen sind besonders Menschen, die in Feuchtgebieten und Savannen in Ost- und Südafrika leben. Insgesamt sind rund 77 Millionen Menschen gefährdet. Die Schlafkrankheit zeigt sich beispielsweise in Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik, der Elfenbeinküste, der Demokratischen Republik Kongo, Guinea, Tansania, Uganda, Tschad oder Malawi.
Hängt die Schlafkrankheit mit Armut zusammen?
Die Schlafkrankheit gehört zu den sogenannten armutsassoziierten Krankheiten, das heißt, dass beim Aufkommen der Schlafkrankheit verschiedene Aspekte von Armut eine Rolle spielen:
Die Tropenkrankheit kommt vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen vor. Viele Menschen können sich teure Arzneimittel und Kosten im Zusammenhang mit der Therapie, zum Beispiel für den Krankenhausaufenthalt, schlicht nicht leisten. Daher ist der finanzielle Anreiz für Pharmaunternehmen, die Schlafkrankheit zu erforschen und wirksame Medikamente mit annehmbaren Nebenwirkungen zu entwickeln und zu produzieren, gering - der Absatzmarkt für medizinische Produkte verspricht keine großen Gewinne. In der Folge wurde für entsprechende Arzneien kaum geforscht und Medikamente waren teils nicht verfügbar. Die Medikamente werden mittlerweile von den Herstellern gespendet und von der WHO mit Hilfe von Ärzte ohne Grenzen an die endemischen Länder verteilt.
Und auch die Lebensumstände haben einen Einfluss: In den endemischen Gebieten sind Menschen der Tsetsefliege bei der Landwirtschaft, Viehzucht, Fischerei, Jagd oder bei Haushaltstätigkeiten an Flüssen besonders ausgesetzt. Die Erkrankung trifft insbesondere diese, für den Lebensunterhalt der Familien besonders wichtigen Personen. Andere durch Tsetsefliegen übertragene Trypanosomenarten führen zudem zu einer Rinderseuche und zu einem hohen wirtschaftlichen Schaden. Dies alles sind weitere, Armut verstärkende Faktoren.