Gaza: Ärzte ohne Grenzen eröffnet provisorisches Krankenhaus nach Evakuierungsanordnung
Jerusalem/Berlin, 28. August 2024. Nach einer Evakuierungsanordnung in unmittelbarer Nähe des Al-Aksa-Krankenhauses durch die israelischen Streitkräfte und einer Explosion in 250 Meter Entfernung haben rund 650 Patient*innen aus Angst um ihr Leben das Krankenhaus verlassen. Ärzte ohne Grenzen hat deshalb vorzeitig ein provisorisches Krankenhaus in wenigen Kilometern Entfernung eröffnet.
Die Mitarbeitenden von Ärzte ohne Grenzen haben in dem provisorischen Krankenhaus trotz des Mangels an medizinischen Gütern mit der Versorgung von Patient*innen begonnen.
Da die verbliebenen Krankenhäuser im Gazastreifen dem immensen Bedarf an medizinischer Hilfe kaum noch gerecht werden können, ist der Druck auf das provisorische Krankenhaus bereits enorm.
Die massive Zerstörung der Gesundheitsinfrastruktur durch die israelischen Streitkräfte hat eine kumulative Wirkung. Jede nicht funktionsfähige Gesundheitseinrichtung erhöht den Druck auf die verbleibenden Einrichtungen und verringert den Zugang der Menschen zur Gesundheitsversorgung. Ohne einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand bleibt der Wunsch nach einer echten humanitären medizinischen Hilfe eine Illusion“, sagt Juliette Seguin, Einsatzleiterin von Ärzte ohne Grenzen.
Vor der Evakuierungsanordnung für die Gegend nahe des Al-Aksa-Krankenhauses wurden am 24. August dort etwa 650 Patient*innen behandelt, Hunderte weitere suchten Zuflucht auf dem Krankenhausgelände. Heute ist das Al-Aksa-Krankenhaus kaum wiederzuerkennen.
Das Krankenhaus sieht leer aus. Vor der Evakuierungsanordnung und den Explosionen war das Krankenhaus so überfüllt, dass die Patient*innen manchmal auf dem Boden behandelt werden mussten. Sie waren überall, oft standen sie vor dem Krankenhaus Schlange und suchten verzweifelt nach Behandlung. Die Atmosphäre ist aufgrund der drohenden Gefahr von Angst geprägt.”, sagt Sohaib Safi, stellvertretender medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in Gaza.
Teams von Ärzte ohne Grenzen hatten bereits seit Monaten an der Einrichtung des provisorischen Krankenhauses gearbeitet und die Eröffnung immer wieder verschoben, da es Probleme gab, wichtige Güter in den Gazastreifen zu bringen. Da die Bedrohung des Al-Aksa-Krankenhauses jedoch zunimmt, blieb den Mitarbeitenden der Organisation keine andere Wahl, als das wenige Kilometer westlich gelegene provisorische Krankenhaus vorzeitig zu eröffnen.
Ärzte ohne Grenzen fordert alle Kriegsparteien auf, die letzten verbliebenen Krankenhäuser in Gaza zu respektieren und zu schützen.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind 20 von 36 Krankenhäusern im Gazastreifen nicht funktionsfähig, und Strukturen wie provisorische Krankenhäuser verfügen nicht über die Kapazitäten für eine adäquate chirurgische Versorgung und viele andere lebensrettende Maßnahmen zur Behandlung von Patient*innen in kritischem Zustand oder mit langfristigen Erkrankungen.