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Unsere Hilfe in den Palästinensischen Gebieten

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Die aktuelle Situation: Mehr als ein Jahr Krieg im Gazastreifen

Seit den Angriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 herrscht im Gazastreifen Krieg. Die Menschen leben unter katastrophalen Bedingungen. Laut dem Gesundheitsministerium im Gazastreifen wurden mehr als 43.000 Menschen getötet und mehr als 101.000 Menschen verletzt (Stand 07.11.2024). Fast alle medizinischen Einrichtungen wurden zerstört oder beschädigt und teilweise durch weniger wirksame, improvisierte Strukturen ersetzt. Wiederholte Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und medizinisches Personal erschweren humanitäre Hilfe im Gazastreifen zusätzlich. Insgesamt sind mehr als 90 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen vertrieben worden, zum Teil mehrfach. Kein Ort ist dort sicher. 

Christian Katzer, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland
Christian Katzer, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland 

„Ärzte ohne Grenzen verurteilt das brutale Massaker an Zivilist*innen durch die Hamas am 7.Oktober 2023. Gleichzeitig sind wir entsetzt über die verheerenden Folgen der massiven Angriffe des israelischen Militärs auf den Gazastreifen.” 
 

Eine humanitäre und medizinische Katastrophe

Von 36 Krankenhäusern im Gazastreifen sind nur noch 17 in Betrieb und vollkommen überlastet. Das medizinische Personal ist erschöpft. Die Bedingungen, unter denen Patient*innen versorgt werden müssen, sind katastrophal. Die meisten Krankenhäuser haben keinen Strom und kein fließendes Wasser mehr. Viele Gebäude sind beschädigt, Medikamente und medizinische Ausrüstung sind knapp. So steht etwa das Nasser-Krankenhaus (südlicher Gaza-Streifen), in dem wir arbeiten, unter enormer Belastung:

Unsere Patient*innen leiden unter katastrophalen Verletzungen wie zerquetschten Gliedmaßen und schweren Verbrennungen. Immer wieder müssen wir Amputationen vornehmen. Sie brauchen eine hochqualitative Pflege und eine lange und intensive Rehabilitation. Medizinisches Personal kann diese Verletzungen nicht auf einem Schlachtfeld oder in den Trümmern zerstörter Krankenhäuser behandeln.

- Christopher Lockyear, Generalsekretär von Ärzte ohne Grenzen, in seiner Rede vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 22. Februar 2024

 

Die Situation im Norden des Gazastreifens

Seit Oktober 2024 finden im Norden des Gazastreifens erneut umfassende israelische Militäroperationen statt, was die ohnehin schon schwierige Lage dort noch einmal dramatisch erschwert hat. Bis dahin lebten rund 175.000 Menschen in dem Gebiet. Angesichts der schweren Kämpfe und Evakuierungsanordnungen sind Zehntausende aus dem Norden geflohen. Die jüngsten Vertreibungen verschlimmern massiv die Situation im restlichen Gazastreifen, wo bereits mehr als 1 Million Menschen unter katastrophalen Bedingungen leben. Schon jetzt gibt es kaum noch Zugang zu Wasser, medizinischer Versorgung und Sicherheit. Insbesondere Kinder leiden unter den schlechten Lebensbedingungen in den Camps. Mit dem nahenden Winter rechnen wir mit einem Anstieg der Zahl der Patient*innen.

Die Straßen von Gaza-Stadt sind voller Vertriebener. Viele kommen in die Klinik, um ihre Verbrennungen und Verletzungen mit Verbänden und Physiotherapie behandeln zu lassen. Die Zahl der Fälle in unserer Klinik hat sich in den letzten Wochen mehr als verdoppelt. Der medizinische Bedarf ist enorm.“

-Mohammad Wadi, Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen 

 

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Humanitäre Hilfe muss möglich sein! 

Die Bedingungen, unter denen unsere Mitarbeiter*innen arbeiten, sind extrem herausfordernd und gefährlich. Es wurden bereits 8 unserer Kolleg*innen sowie mehrere ihrer Angehörigen getötet - zum Teil während sie sich in klar mit unserem Logo gekennzeichneten Unterkünften befanden oder im Krankenhaus arbeiteten. Wir sind entsetzt und trauern um diese Menschen. Insgesamt mussten wir im vergangenen Jahr 14 Gesundheitseinrichtungen aufgrund extremer Gewalt verlassen und es wurden 26 Vorfälle wie Luftangriffe auf Krankenhäuser oder Bodenangriffe auf medizinische Einrichtungen gemeldet. Diese Ereignisse sind vollkommen inakzeptabel und machen es nahezu unmöglich zu helfen.   

Das fordern wir 

  • Einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand, um humanitäre Hilfe und medizinische Versorgung für die Menschen bedingungslos sicher zu gewährleisten.  
  • Alle Kriegsparteien müssen sich an das humanitäre Völkerrecht halten. Zivilist*innen müssen geschützt werden. Die systematischen Angriffe auf medizinische Einrichtungen und Personal müssen aufhören. Krankenhäuser dürfen nicht militärisch genutzt und nicht angegriffen werden.  
  • Die Öffnung von Grenzübergängen, damit humanitäre Güter, Medikamente, Wasser und Nahrungsmittel in den Gazastreifen geliefert werden können. 
  • Alle Konfliktparteien (Israel, Hamas und bewaffnete palästinensische Gruppen) müssen davon absehen, die Lieferung von Hilfsgütern zu behindern, und dafür sorgen, dass humanitäre Hilfe sicher zu den Menschen gelangen kann. 

So helfen wir

  • Wir leisten im Gazastreifen Notfallchirurgie, versorgen Verletze, bieten Physiotherapie, medizinische Grundversorgung und Geburtshilfe sowie psychosoziale Unterstützung an.  
  • Wir konnten seit Beginn des Krieges 76 Lastwagen mit Medikamenten, Hilfsgütern und medizinischem Material in den Gazastreifen bringen.  
  • Im Gazastreifen stellen wir Trinkwasser, Sanitäranlagen und Hygiene-Kits bereit. 
  • Im Westjordanland versorgen wir Notfälle, spenden medizinische Güter und unterstützen psychologisch. 

Ärzte ohne Grenzen ist seit 1989 in den Palästinensischen Gebieten aktiv – im Gazastreifen sowie im Westjordanland. 

Unsere Hilfe in Zahlen

Die Zahlen beziehen sich auf unsere Aktivitäten in den palästinensischen Gebieten im Zeitraum von Oktober 2023 bis Ende September 2024

Die psychische Belastung ist immens 

Unsere Mitarbeiter*innen im Gazastreifen haben seit Oktober 2023 mehr als 18.000 psychosoziale Beratungen abgehalten. Unter ihnen ist auch die Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk. Sie hat vor Ort gesehen, welche gravierenden Auswirkungen die Situation auf die Menschen – insbesondere auf Kinder – hat, und sagt: „Jeder und jede im Gazastreifen ist von diesem Krieg betroffen. Es gibt niemanden, der nicht erlebt hat, wie Freunde oder Verwandte verwundet oder getötet wurden. Und die Menschen im Gazastreifen können vor diesem Krieg nicht fliehen, denn Sicherheit gibt es im Gazastreifen nirgendwo.“ 

Hinzu kommt, dass es im Gazastreifen einfach an allem fehlt, auch an einer Vorstellung von der Zukunft. Für viele Menschen ist nicht nur die Gegenwart - die Bomben, die Kämpfe und die Trauer – eine große Qual, sondern auch die Leerstelle: Was wird danach kommen? 

Die Menschen leben in ständiger Angst und sind traumatisiert. Am stärksten leiden die Kinder. Einige ziehen sich vollständig zurück und verstummen, andere geraten durch Kleinigkeiten in Panik. Der ständige Stress und die ständige Retraumatisierung wirken sich auf ihre Entwicklung aus und haben sicher für viele Betroffene Folgen, die sie ein Leben lang nicht loswerden.“ 
- Kathrin Glatz Brubakk, Kinderpsychologin von Ärzte ohne Grenzen 

In Projekten im Gazastreifen und im Westjordanland bieten wir verschiedene Formen psychologischer und psychosozialer Hilfe an. Dazu gehören psychologische Erste Hilfe sowie Einzel- und Gruppensitzungen.   

Podcastfolge: Geborgenheit schaffen inmitten von Gewalt - als Kinderpsychologin im Einsatz 

„Es ist die stille Katastrophe, in der ich als Kinderpsychologin arbeite “, sagt Katrin Glatz Brubakk. Sie war mit uns bereits mehrfach im Einsatz, darunter im Gazastreifen und im Geflüchtetencamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Katrin Glatz Brubakk diskutiert mit den Co-Moderator*innen, wie Kinder auf traumatische Erlebnisse reagieren und worauf man bei ihrer Behandlung achten muss. 

Frauen gebären unter schrecklichen Bedingungen 

Schwangere Frauen haben derzeit keine oder kaum Möglichkeiten, eine Geburtsvor- oder -nachsorge in Anspruch zu nehmen. Viele von ihnen mussten mehrmals fliehen und ihr Gesundheitszustand ist durch Stress, Nahrungsmittelknappheit und schlechte hygienische Bedingungen beeinträchtigt. Aufgrund der Überlastung der Krankenhäuser gebären viele Frauen in provisorischen Zelten oder auf den Fluren der Krankenhäuser. Kinder kommen viel zu früh auf die Welt, Geburten finden unter schrecklichen Bedingungen statt oder es kommt zu Totgeburten.    

Eine Hebamme mit einem Neugeborenen im emiratischen Krankenhaus
Rita Botelho da Costa, unsere leitende Hebamme im südlichen Gazastreifen

Die ersten 24 Stunden nach der Geburt sind die risikoreichsten für Komplikationen. Angesichts der katastrophalen Lebensbedingungen wäre es wichtig, die Patientinnen so lange wie möglich im Krankenhaus zu behalten.

Bis zum Beginn der Offensive auf Rafah unterstützten wir das Al-Emirati-Geburtskrankenhaus in Rafah. Aufgrund der Sicherheitslage mussten wir unser Personal von dort abziehen und es ins Nasser-Krankenhaus in Chan Junis verlegen, wo wir nun die Entbindungsstation unterstützen. Doch auch dort wird die Versorgung schwieriger und die vorhandenen medizinischen Materialien reichen für die vielen Menschen, die zu uns kommen, nicht mehr aus.

Unsere Hilfe im Westjordanland 

Unsere Mitarbeitenden arbeiten in Hebron, Nablus, Tulkarem, und Dschenin. Sie bieten unter anderem Notfallversorgung, medizinische Grundversorgung und psychosoziale Hilfe an. Sie berichten, dass auch im Westjordanland die Gewalt seit Kriegsbeginn zugenommen hat. Auch Ambulanzen und medizinische Einrichtungen werden blockiert oder angegriffen. 

Lesen Sie mehr dazu in diesem Bericht.

Grundprinzipien unserer Arbeit

Wir haben auch israelischen Krankenhäusern Unterstützung angeboten, die eine hohe Zahl von Verletzten behandeln. Gemäß unserer Charta leisten wir dort medizinische Unterstützung, wo Menschen keinen ausreichenden Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung haben, unabhängig von ihrer Herkunft, politischen Überzeugung oder ethnischen Zugehörigkeit. Als unabhängige medizinische Hilfsorganisation verpflichten wir uns der medizinischen Ethik und den humanitären Prinzipien der Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit. 

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Zuletzt aktualisiert am 07. November 2024