Haiti: Ärzte ohne Grenzen stellt nach Angriff auf Krankenwagen Arbeit in Turgeau ein
Port-au-Prince/Berlin, 15. Dezember 2023. Nach der Tötung eines Patienten stellt Ärzte ohne Grenzen seine Aktivitäten in einem Notfallzentrum in der Haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince ein. Eine Gruppe bewaffneter Männer hatte am Dienstag einen Krankenwagen von Ärzte ohne Grenzen gestoppt, einen Mann aus dem Wagen geholt und ihn getötet.
Der schwerverletzte Patient war am Dienstag, den 12. Dezember, um 16.00 Uhr in das Notfallzentrum von Ärzte ohne Grenzen in Turgeau, einem Viertel nahe dem Stadtzentrum von Port-au-Prince, eingeliefert worden. Da er in kritischem Zustand war, musste er in ein anderes Krankenhaus zur Weiterbehandlung verlegt werden. Gegen 17.30 Uhr verließen zwei Krankenwagen das Notfallzentrum, um ihn und einen weiteren Patienten zu verlegen.
Nur wenige Meter vom Notfallzentrum entfernt tauchte ein Dutzend bewaffneter Personen aus einer Seitenstraße auf und blockierte den Konvoi. Sie schlugen auf die Motorhauben ein, schossen in die Luft und öffneten die Krankenwagen. Dem Fahrer des einen Krankenwagens wurde befohlen, zum Notfallzentrum zurückzufahren, aus dem anderen holten sie gewaltsam den Patienten raus. Sie schlugen auf ihn ein und schossen mehrere Male auf ihn. Als er tot war, flohen sie vom Tatort.
Wir brauchen ein Mindestmaß an Sicherheit, um unsere medizinische Arbeit durchführen zu können. Wir können nicht arbeiten, wenn unsere medizinische Tätigkeit von Gewalt bedroht ist“
- Benoît Vasseur, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Haiti.
„Ärzte ohne Grenzen ist eine der wenigen internationalen Organisationen, die in der Hauptstadt medizinische Hilfe leisten. Wir können nicht akzeptieren, dass unsere Krankenwagen angegriffen und unsere Patient*innen verprügelt und getötet werden. Um unsere Arbeit leisten zu können, müssen unsere medizinischen Einrichtungen, unser Personal und unsere Patient*innen respektiert werden“, fordert Vasseur.
„Wir sehen, dass die Haitianer verzweifelt und wütend sind. Sie sind täglichen Grausamkeiten ausgesetzt: Vergewaltigungen, Folter, Mordversuche. Wir sind hier, um die Menschen inmitten dieser Gewalt medizinisch zu versorgen.“
Leider muss Ärzte ohne Grenzen alle Aktivitäten im Notfallzentrum in Turgeau auf unbestimmte Zeit aussetzen, um eine Analyse des Angriffs und eine Neubewertung des Risikos für seine Mitarbeitenden und Patient*innen zu ermöglichen.
Ärzte ohne Grenzen bietet in seinen anderen Einrichtungen weiterhin kostenlose medizinische Versorgung an: Darunter ist das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Cité Soleil, das Krankenhaus in Tabarre zur Trauma- und Verbrennungsbehandlung und ein Gesundheitszentrum für Überlebende sexualisierter Gewalt in Delmas 33. Die mobilen Teams von Ärzte ohne Grenzen arbeiten weiterhin in verschiedenen Stadtvierteln und Camps für Vertriebene. Im Süden des Landes bleibt auch die Entbindungsklinik in Port-à-Piment geöffnet.
Ärzte ohne Grenzen ist eine internationale, medizinische und humanitäre Organisation, die für Menschen in Not unabhängig von ihrer Herkunft, Religion oder politischen Zugehörigkeit medizinische Hilfe leistet. Ärzte ohne Grenzen ist seit über 30 Jahren in Haiti tätig und bietet allgemeine Gesundheitsversorgung, Trauma- und Verbrennungsbehandlung, Geburtshilfe und Betreuung von Überlebenden sexualisierter Gewalt.