Libyen: Großer Bedarf an psychologischer und medizinischer Hilfe in Darna
Zwei Wochen nach den verheerenden Überschwemmungen ist der Bedarf an psychologischer Hilfe in der libyschen Stadt Darna immens. Teams von Ärzte ohne Grenzen konzentrieren sich deshalb vor Ort auf die psychologische Betreuung der Menschen, die alles verloren haben. Gleichzeitig, bieten sie Unterstützung für medizinisches Personal und die Freiwilligen an, die nach den Überschwemmungen halfen.
„ Viele Menschen haben ihre Häuser oder Familienmitglieder verloren - oft sogar beides. Es ist klar, dass fast jede und jeder in der Stadt im Moment schmerzvoll trauert”, sagt Michel Olivier Lacharité, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Darna. Die Behörden konzentrierten sich derzeit auf den Wiederaufbau einer Brücke zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil von Darna, da die Stadt buchstäblich in zwei Teile gespalten wurde.
„ Aus mediznischer Sicht besteht die oberste Priorität darin, dafür zu sorgen, dass alle Menschen, die durch die Überschwemmungen traumatisiert sind oder alles verloren haben, psychologische Unterstützung erhalten”, so Lacharité. Auch die medizinische Grundversorgung ist ein wichtiger Teil des Einsatzes vor Ort.
Die Teams von Ärzte ohne Grenzen haben seit dem 20. September rund 600 Konsultationen in zwei Gesundheitszentren und einer Unterkunft für die Menschen, die durch die Flut obdachlos geworden sind, durchgeführt. Dabei ging es bei Erwachsenen vor allem um Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck, bei Kindern meist um Atemwegsinfektionen und Durchfall.„ Viele Patient*innen, die von unseren Ärzten behandelt wurden, standen noch unter Schock, einige zeigten Anzeichen eines psychischen Traumas. Einige Kinder weigerten sich, Wasser zu trinken, weil sie Angst hatten, zu ertrinken. Manche Patient*innen klagten über sogenannte Flashbacks und darüber, dass sie zwischen 2:30 und 5 Uhr morgens nicht schlafen konnten – was der Zeit entspricht, als die tödliche Welle am 10. September in der Dunkelheit der Nacht über die Stadt hereinbrach”, berichtet der Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen.
Das Psycholog*innen-Team von Ärzte ohne Grenzen betreut zwei Gruppen in der Bevölkerung vor Ort vorrangig: Einerseits Menschen, die alles verloren haben und in Notunterkünften leben, andererseits medizinisches Personal und Freiwillige, die in Gesundheitseinrichtungen arbeiten. „ Die letztgenannte Gruppe hat mitunter Angehörige, Kolleg*innen und Freund*innen verloren und arbeitet an vorderster Front, um die Überlebenden zu versorgen oder sogar bei der Beseitigung von Leichen zu helfen, was für die Freiwilligen eine traumatische Erfahrung sein kann”, sagt Michel Olivier Lacharité.