Die anhaltende Gewalt in der Region Ituri in der Demokratischen Republik Kongo treibt Zehntausende in die Flucht. Erzählungen von systematisch in Brand gesetzten Häusern und von Menschen, die in die Wälder gejagt und getötet wurden, sind keine Seltenheit. Sie fliehen nach Mahagi im Norden, nach Bunia im Süden und bereits mehr als 57.000 nahmen laut Angaben der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen (UNHCR) die Route über den Albertsee nach Uganda. Allein die Zahl der Flüchtlinge in den Kyangwali-Siedlungen in Uganda stieg auf 68.700 im März 2018. Wenn die Entwicklung anhält, ist zu befürchten, dass Masern und Cholera ausbrechen könnten. Insgesamt wurden aus Ituri seit 2017 über 100.000 Menschen vertrieben. Die Geflüchteten berichten uns von extremen Gräueltaten.
„Das ist das erste Mal, dass ich aus dem Kongo fliehe“, erzählt der 53-jährige Imani. Er lebte bereits während des Krieges in den 2.000er Jahren in Ituri. Doch dieses Mal sei es anders: „Damals wurden unsere Häuser auch in Brand gesetzt, aber wir konnten in unsere Dörfer zurückkehren. Jetzt werden Menschen verfolgt und getötet. Die Angreifer jagen uns mit Hunden in den Wald.“
„Die Angreifer waren entschlossen, jeden zu töten“
Michel, ein Flüchtling aus dem Aufnahmezentrum in Kagoma erzählt uns, dass einige seiner Freunde und Verwandten mit Macheten und Speeren getötet wurden. Diejenigen, die überlebten, suchten Zuflucht im Camp nahe des Krankenhauses in Bunia. „Ich befand mich in der Ausbildung zum Krankenpfleger, doch ich beschloss, das Geld, das ich für meine Ausbildung gespart hatte, zu nehmen, um den See zu überqueren und nach Uganda zu kommen.“
Sifa, eine Frau in den Vierzigern, erzählte am Tag nach ihrer Ankunft in Uganda: „Zuerst wurden wir in ein Dorf namens Kafé vertrieben, nahe des Sees. Doch die Angriffe kamen immer näher. Die Angreifer waren entschlossen, jeden zu töten, und es gab niemanden, der uns beschützte. Zum Schutz meiner Kinder, die 12 und 15 Jahre alt sind, entschied ich mich, hierher zu kommen. Mein Mann blieb im Kongo zurück und versuchte, weiterzuarbeiten.“
Ungewissheit und Mittellosigkeit
Sorge um zurückgebliebene oder bei der Flucht aus den Augen verlorene Familienmitglieder belastet viele der Geflüchteten. Oftmals leben sie in absoluter Ungewissheit darüber, wo ihre Angehörigen verblieben sind. Steigende Flüchtlingszahlen in den Hilfseinrichtungen sorgen zudem dafür, dass nicht mehr genügend Lebensmittel und Hilfsgüter für alle Ankommenden zur Verfügung stehen.
„Vor einer Woche hatten wir die Nahrungsmittel, die uns offiziell zugeteilt wurden, aufgebraucht. Meinem Onkel gelang es, etwas zu essen für uns zu finden, hauptsächlich kleine Fische aus dem See“, erklärt die 14-jährige Joanne, die vor Kurzem im Maratatu-Flüchtlingslager (Teil des Kyangwali-Lagers in Uganda) ankam.
Emmanuel, Vater von acht Kindern, entschied sich sogar dazu, nach seinen Feldern in Ituri zu schauen und Essen zurückzubringen. „Ich ging sehr früh am Morgen zu meinem Feld, um Maniok zu ernten. Ich sah Flammen aufsteigen in den Dörfern nahe des Sees. Ich wusste nicht, was brannte. Die Situation schien sich in den vergangenen Tagen beruhigt zu haben. Viele Menschen aus meinem Dorf, die aus Angst vor den Angriffen im Wald geschlafen hatten, kehrten zurück. Bei Tagesanbruch kamen die Angreifer zurück. Sie griffen Menschen mit Macheten an und töteten so viele wie möglich. Die einzige Chance für mich zu überleben, war die erneute Flucht. Ich brachte nichts zu essen mit zurück.“
Unsere Teams arbeiten sowohl in und um Bunia und Mahagi, als auch in den Aufnahmeeinrichtungen und Flüchtlingslagern in Kyangwali in Uganda. Sie unterstützen die Gesundheitseinrichtungen, führen Wasser- und Sanitärarbeiten durch und verteilen Dinge des täglichen Bedarfs wie Decken und Seife. Seit Mitte Februar haben wir beispielsweise in der 24-Stunden-Klinik im Kagoma-Aufnahmezentrum (Uganda) 6.000 Konsultationen abgehalten und mehr als 15.000 Kinder und Frauen geimpft. Im März hatte der Ausbruch der Cholera mindestens 36 Menschenleben gekostet. 1.792 wurden ins Krankenhaus eingeliefert.