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Ein gesunder Start ins Leben

In Mossul sind viele Gesundheitseinrichtungen noch immer nicht funktionsfähig. Der Andrang auf unsere Geburtskliniken ist daher groß. Die Hebamme Ibtisam Hasim hilft Müttern und ihren Babys – und erlebt dabei auch magische Momente. 

Die Nachtschicht im Nablus-Krankenhaus ist bislang ruhig verlaufen. Plötzlich eilt ein Wachmann herbei und ruft aufgeregt nach Hilfe. Ibtisam Hasim, die als Hebamme in Mossul im Nordirak für Ärzte ohne Grenzen arbeitet, sieht ein Auto vor dem Klinikeingang.  

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Ibtisam Hasim
Ibtisam Hasim ist Hebamme und arbeitet seit 2017 für Ärzte ohne Grenzen in West-Mossul.
© Peter Bräunig

In dem Auto lag eine Frau in den Presswehen. Wir hatten keine Zeit zu verlieren. Schnell deckten wir die Fensterscheiben mit Tüchern ab, schon sah ich den Kopf des Kindes.  

 

Wenig später trennt die 30-jährige Irakerin die Nabelschnur des Neugeborenen durch. Sie wickelt es in ein Tuch und bringt Mutter und Kind für die weitere Versorgung auf die Geburtsstation. 

Unser Schutz ist unsere Unabhängigkeit 

Wir haben das Nablus-Krankenhaus 2017 eröffnet, unmittelbar nach der Rückeroberung von Mossul. Die Großstadt war zuvor fast drei Jahre lang von der Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) kontrolliert worden. Auch wenn die Sicherheitslage angespannt war, konnten wir sofort mit unserer Geburtshilfe beginnen. Dies war nur dank unserer Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität möglich. Dass wir keine Stellung beziehen und unsere Hilfe jedem zugutekommt, ist unser bester Schutz. So konnten wir bereits während der schweren Kämpfe in Mossul nahe der Front helfen und Schwerverletzte versorgen. 

Krankenhaus in Trümmern 

Die Gefechte haben Mossul schwer zerstört, die Folgen für die Gesundheitsversorgung sind bis heute katastrophal. Das einst größte Krankenhaus der Stadt liegt in Trümmern. Zahlreiche medizinische Fachkräfte, die aus Mossul geflohen waren, sind noch nicht zurückgekehrt.  

All dies macht es werdenden Müttern schwer, die nötige medizinische Versorgung zu finden. Tausende Frauen bringen ihre Kinder zu Hause zur Welt, nur mithilfe traditioneller Hebammen. Zwar gibt es private Kliniken, doch für viele sind sie unbezahlbar. Zudem fehlen in der Schwangerschaft oft wichtige Nährstoffe und Medikamente etwa gegen Bluthochdruck oder Schwangerschaftsdiabetes. 

Magische Momente 

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Ein Neugeborenes wird versorgt auf der Neugeborenenstation in der Klinik Nablus, Nordirak.
Ein Neugeborenes wird von Ibtisam Hasim in der Neugeborenenstation versorgt.

„Bei uns ist die gesamte Versorgung kostenlos“, sagt Ibtisam Hasim über die Hilfe im Nablus-Krankenhaus im Westen der Stadt. „Wir schauen mit unseren Patientinnen alle Befunde gemeinsam an und treffen zusammen Entscheidungen für die Geburt. Für viele Frauen ist dies eine ganz neue Erfahrung. Es macht mich stolz und glücklich zu sehen, wie sehr sie uns vertrauen und sich über unsere Hilfe freuen“, so Hasim.  

Die Hebamme erinnert sich an eine Patientin, die acht Jahre lang versucht hatte, schwanger zu werden, und nun ihr erstes Kind entband. „Sie war ganz angespannt und voller Angst. Als wir ihr schließlich ihr Baby in den Arm legen konnten, sagte sie immer wieder: ‚Bitte sagt mir, dass es gesund ist.‘ Ihr Glück war so groß. Es war ein magischer Moment. Die Eltern nannten ihre kleine Tochter nach mir – Ibtisam.“ 

Sichere Geburten

Das Nablus-Krankenhaus nimmt vornehmlich Frauen mit Risikoschwangerschaften auf und ist auf Übertragungen für geburtshilfliche Notfallversorgung spezialisiert. Dafür gibt es auch zwei Operationssäle und eine Neugeborenen-Station.  

Hasim und das irakische Personal arbeiten mit Hebammen und Ärzt*innen aus der ganzen Welt zusammen. Weiterbildungen etwa im Bereich Ultraschall und Reanimation sind fester Bestandteil der Kooperation. 

Die Frauen kommen von weither 

Der Andrang auf das Nablus-Krankenhaus ist groß, manche Frauen fahren stundenlang aus ihren Dörfern dorthin. Sie wissen, dass unsere Versorgung von hoher Qualität ist – das spricht sich schnell herum.  

Für die Aufnahme gibt es strikte Kriterien. „Wir wollen uns um die Frauen kümmern, die uns am dringendsten brauchen“, so die Hebamme. „Ich bin froh, dass Ärzte ohne Grenzen in Mossul noch eine zweite kleinere Geburtsklinik betreibt. Sie liegt nur rund zehn Minuten entfernt. Dorthin kann ich alle anderen Patientinnen schicken, deren Schwangerschaften komplikationslos verlaufen.“ 

Wir sind für dich da! Egal, wer du bist.

Humanitäre Hilfe braucht finanzielle Unabhängigkeit und mutige Menschen, die trotz widriger Umstände in den Krisengebieten dieser Welt entschlossen und menschlich handeln.

Eine Chance auf Heilung

Für Menschen, die in Kampfhandlungen oder Unfällen Verletzungen erlitten haben, ist es schwierig, adäquate medizinische Nachsorge zu bekommen. Im Al-Wahda-Krankenhaus bieten wir rekonstruktive Chirurgie und postoperative Versorgung.