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Tschad: Wie findet man sauberes Wasser mitten in der Wüste?

Wasser ist in der Subsahara ein kostbares Gut. Die Menschen im Tschad haben schon lange mit Wasserknappheit zu kämpfen. Doch mit dem Zustrom von Menschen, die vor dem Krieg im Sudan fliehen, hat die Wasserknappheit in Orten wie Metche ein kritisches Niveau erreicht.

Nur sechs Liter Wasser pro Person und Tag

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Menschen in Geflüchtetencamp stehen an Wasserverteilung an
Das Geflüchtetencamp Metche liegt etwa 40 Kilometer von Adré entfernt, der wichtigsten Einreise- und Siedlungsstadt für Geflüchtete und Rückkehrende aus dem Sudan.
© Linda Nyholm/MSF

Seit Ausbruch des Krieges im Sudan im April 2023 kamen rund 600.000 sudanesische Geflüchtete über die Grenze in den Tschad. Zunächst wurden sie in Transitcamps in Adré untergebracht, bevor 40.000 von ihnen Anfang September nach Metche umgesiedelt wurden, einer abgelegenen Wüstenregion etwa 40 Kilometer von Adré entfernt.

In Camps wie in Metche stehen den Menschen oft nur sechs Liter Wasser pro Person und Tag zur Verfügung. Das liegt weit unter dem für Notsituationen empfohlenen Standard von 20 Litern.

Trinken oder kochen? Für die Hygiene reicht das Wasser nicht.

Die Wasserstelle ist weit entfernt. Für eine achtköpfige Familie schleppe ich täglich zwei Kanister. Sauberes Wasser gibt es nur zum Kochen, zum Trinken und zum Waschen für das Gebet. Unsere Kinder und unsere Kleidung waschen wir im Wadi.”
- Nadia Omar Mohammad, Geflüchtete in Metche.

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Nadia Omar Mohammad vor Plastikwand in Geflüchtetencamp
Die 30-jährige Nadia Omar Mohammad brachte ihr Kind in unsere Ambulanz im Geflüchtetencamp in Metche.
© Linda Nyholm/MSF

 

Wassermangel führt zu Krankheiten

Wassermangel führt dazu, dass die Menschen für Grundbedürfnisse wie Waschen und Kochen Wasser aus verunreinigten Quellen verwenden, beispielsweise aus Löchern, die sie tief in die trockenen Flussbetten, die Wadis, graben. In unserer Ambulanz in Metche behandeln wir Hautausschläge und Krätze. Auch Magen-Darm-Infektionen und Durchfall nehmen zu.

Der Mangel an Wasser und Nahrung, macht die Menschen krank. Die Krankheiten, die wir diagnostizieren, sind vermeidbar”, sagt Marina Pomares Fuentes, unsere medizinische Koordinatorin.

Neben der schlechten Wasserversorgung stellt uns die unzureichende Sanitär- und Abfallentsorgung in den Camps vor logistische Herausforderungen. Die Latrinen müssen regelmäßig geleert und der Klärschlamm muss aufbereitet werden.

Neue Wasserquellen in der Wüste erschließen

Bis vor kurzem waren die Menschen in Metche auf traditionelle Methoden der Wassergewinnung aus den Wadis und auf private Brunnen der Bauern angewiesen. Inzwischen haben wir Bohrungen vorgenommen. So können wir täglich rund 160.000 Liter Wasser liefern.

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Mitarbeitender hebt Wasser aus Sammelbecken im Camp Metche
Im Camp in Metche sind wir einer der Hauptversorger für Wasser. Wir suchen und bohren nach neuen Wasserquellen und stellen sicher, dass das verteilte Wasser für den Verbrauch sauber ist.
© Linda Nyholm/MSF

Die Wassermenge reicht jedoch bei weitem nicht aus, so dass die Menschen auch weiterhin Wasser aus den Wadis holen. Deshalb versuchen wir, weitere Wasserquellen zu erschließen und arbeiten dabei eng mit den Menschen vor Ort zusammen.

Bohren ist ein zeitaufwendiges und teures mechanisches Verfahren

Die Abgeschiedenheit und die schlechten Straßen erschweren unsere Arbeit.

Die Beauftragung von Bohrfirmen kostet Zeit, Zeit, die die Menschen nicht haben”, sagt Paul Jawor, unser Experte für Wasser- und Sanitärversorgung in Metche.

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Person brennt Löcher in Plastikrohr in trockenem Flussbett
In Zusammenarbeit mit den Gemeinden installieren wir traditionelle Methoden zur Wassergewinnung in den Wadis.
© Linda Nyholm/MSF

Gemeinsam mit den Gemeindevorstehern haben wir ein Wassersystem in das trockene Flussbett eingebaut, um das Regenwasser aufzufangen, das in der letzten Regenzeit in den Sand gesickert ist. Das ist zwar keine dauerhafte Lösung, doch so können wir einen Teil des Wasserbedarfs sofort decken. Für das Wassersystem werden Kunststoffrohre mit Löchern verwendet. Durch die Löcher kann Wasser in die Rohre fließen, aber gleichzeitig wird verhindert, dass große Mengen Sand hindurchsickern. Trotz unserer Bemühungen, neue Wasserquellen zu finden, besteht nach wie vor große Unsicherheit über die Menge und Qualität der Grundwasserreserven in der Region.

Die Menge des geförderten Wassers hängt von der Kapazität des Bohrlochs ab: von den geologischen Bedingungen, der Größe des Bohrlochs und so weiter. Deshalb testen wir zunächst mit Hilfe von Pumpen, wie viel Wasser innerhalb einer vorgegebenen Zeit gefördert werden kann und wie schnell der Wasserspiegel im Bohrloch wieder ansteigt“, erklärt Mickael Touzinaud, unser Wasser- und Sanitärexperte im Tschad. 

Wenn die Quellen versiegen 

Wir könnten zwar noch mehr Wasser abpumpen und weitere Bohrungen vornehmen, aber da sich die Bohrlöcher in dem Wüstengebiet nur sehr langsam mit Wasser füllen, besteht das Risiko, dass die Brunnen versiegen. In der nächsten Regenzeit müssen wir beobachten, wie sich die Grundwasserspeicher auffüllen.

Sollte die Regenzeit jedoch so schwach ausfallen wie im vergangenen Jahr, und sich die Bohrlöcher nicht ausreichend füllen, müssen wir nach Alternativen suchen. Eine Möglichkeit könnte sein, tiefer zu bohren, um in tieferen geologischen Schichten auf Wasserreservoird zu stoßen. Dafür bedarf es allerdings weiterer geologischer Gutachten,” ergänzt Mickael Touzinaud.

Für die Menschen in den Camps in Metche und Aboutengue kann der akute Wassermangel lebensbedrohlich werden.

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Menschen und zwei Esel stehen bei Loch in Wüste
"Die Menschen sind es gewohnt, Wasser aus den trockenen Wadis zu holen, und sie tun dies auch weiterhin, da das verteilte Wasser nicht ausreicht", sagt Paul unser Berater für Wasser und Sanitär.
© Linda Nyholm/MSF

 

Zwischen Wasserknappheit und Überschwemmungen

Wasser im Tschad ist ein Paradoxon. Denn mit dem Beginn der Regenzeit im Juni kommt das Wasser, und zwar in Massen. Dann schwellen die Wadis, die ausgetrockneten Flussbetten, zu großen Flüssen an. Denn der Wüstenboden kann die großen Wassermengen nicht aufnehmen. Die Wege zwischen den Camps sind dann voneinander abgeschnitten und die Gesundheitsrisiken durch verschmutztes Wasser und Moskitos steigen.

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