Die Menschlichkeit nicht aufs Spiel setzen!
Deutschland muss Flüchtlingsschutz und humanitäre Prinzipien verteidigen
Es zeigt sich aktuell ein besorgniserregender globaler Trend: Grundrechte wie das Recht auf Asyl werden von vielen Staaten weltweit immer offener infrage gestellt. Politiker*innen – auch hierzulande - bedienen sich zunehmend einer Rhetorik, die Schutzsuchende entmenschlicht: Geflüchtete werden als Bedrohung dargestellt – nicht als Individuen mit Würde und Rechten. Diese schleichende Entmenschlichung ebnet den Weg für Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, auch in Staaten, die bislang als Vorreiter und Verfechter der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts galten.
Nicht selten werden Gewalttaten Einzelner politisch instrumentalisiert, um ganze Gruppen unter Generalverdacht zu stellen und zu bestrafen. Um es deutlich zu sagen:
Gewalttaten, wie die in Aschaffenburg müssen gründlich aufgearbeitet werden, doch sie dürfen nicht dazu führen, völkerrechtlich verbriefte Rechte faktisch auszusetzen. Menschen, die Schutz suchen, müssen Schutz bekommen – das ist die Lehre aus der Geschichte, der sich die Vereinten Nationen verpflichtet haben.
Wenn die Menschlichkeit stirbt
Als weltweit tätige humanitäre Organisation sehen wir bei Ärzte ohne Grenzen genau, was passiert, wenn Schutzräume verschwinden: Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, werden an Grenzen aufgehalten, inhaftiert oder zurückgewiesen – oft unter Einsatz von Gewalt. Viele dieser Menschen haben in ihrer Heimat Schreckliches erlebt, fliehen aufgrund von Perspektivlosigkeit oder vor den Auswirkungen der Klimakrise. Auf ihrer Flucht erleben sie weitere Traumata: Statt Schutz und Unterstützung zu finden, stoßen sie auf Ablehnung, Ausgrenzung und oftmals auch Gewalt.
In libyschen Internierungslagern werden Geflüchtete gefoltert und erpresst. Dennoch arbeiten europäische Staaten mit der libyschen Küstenwache zusammen. Auf den griechischen Inseln wachsen Kinder in haftähnlichen Bedingungen auf, die krank machen. An der Grenze zwischen Mexiko und den USA harren zehntausende Menschen aus, die keinen Zugang mehr zu einem fairen Asylverfahren haben. Und auch an der EU-Außengrenze zu Belarus hat Polen das Recht auf Asyl faktisch ausgesetzt. Für die Betroffenen ist die Belastung extrem. Viele verlieren ihre Hoffnung auf eine menschenwürdige Behandlung. Wir sehen die Auswirkungen auf ihre Gesundheit – physisch wie psychisch.
Ein globaler Appell für Menschlichkeit
Diese Beispiele zeigen, dass eine Migrationspolitik, die auf Abschreckung, Kriminalisierung und Eindämmung beruht, nur noch mehr Leid für verletzliche Menschen verursacht. Sie treibt Schutzsuchende auf gefährlichere Routen und erhöht das Risiko von Ausbeutung und Gewalt. Die Nichteinhaltung von Völkerecht führt nicht zu mehr Ordnung, sondern zu Chaos.
Ärzte ohne Grenzen fordert Politiker*innen weltweit auf, das Recht auf Asyl zu respektieren, sichere Fluchtwege zu schaffen und menschenwürdige Aufnahmebedingungen zu gewährleisten.
Die Verantwortung Deutschlands
Dass nun auch in Deutschland das Recht auf Asyl in Frage gestellt wird, ist ein besorgniserregender Rückschritt. Vorschläge für pauschale Zurückweisungen, Grenzschließungen und Inhaftierungen sind nicht nur ein Angriff auf die Rechte Schutzsuchender, sondern auch auf die Werte, die Deutschland und Europa zu verteidigen behaupten.
Der Umgang mit Schutzsuchenden ist ein Gradmesser für die Menschlichkeit einer Gesellschaft. Deutschland muss internationales Recht und humanitäre Prinzipien verteidigen. Unser Appell an die deutsche Politik ist klar: Geben Sie der Menschlichkeit Vorrang vor politischer Taktik.
Es geht nicht nur um den Schutz Geflüchteter, sondern auch um die Zukunft unserer Werte und Prinzipien.