Psychische Gesundheit
Mehr als jede zehnte Erkrankung weltweit ist eine psychische. Die Konsequenzen sind vor allem für die Erkrankten selbst, aber auch für ihr Umfeld und die Gesellschaft sehr weitreichend. Zugleich gibt es eine enorme Versorgungslücke - insbesondere in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen.
Uns für die psychische Gesundheit von Menschen einzusetzen, ist für uns deshalb in ganz unterschiedlichen Kontexten ein wichtiges Ziel: Etwa in akuten Krisen, wenn Menschen sich durch gewaltsame Konflikte, Kriege, Naturkatastrophen oder Krankheitsausbrüche mit Ausnahmesituationen konfrontiert sehen. Genauso wie in langanhaltenden chronischen Krisen, in denen Personen längerfristig enorm belastenden Lebensbedingungen ausgesetzt sind.
Wir verstehen psychische Gesundheit immer als einen elementaren Bestandteil medizinischer Versorgung: Sei es bei der Behandlung von Überlebenden sexualisierter Gewalt, nach chirurgischen Not-Operationen oder bei der Behandlung von Mangelernährung. Was sich hier zeigt:
Programme für psychische Gesundheit erhöhen die Wirksamkeit von medizinischen Behandlungen.
Werden Menschen dabei unterstützt, mit psychischen Problemen und Erkrankungen angemessen umzugehen, ist es möglich, etwa langfristigen Traumafolgen und auch körperlichen Folgeerkrankungen entgegenzuwirken. Bei allen unseren Aktivitäten zu psychischer Gesundheit sind uns die Bedürfnisse von besonders schutzbedürftigen Personen und marginalisierten Gruppen ein zentrales Anliegen.
Unsere Hilfe für psychische Gesundheit
- Wir bieten psychologische Erste Hilfe und beraten zu psychologischer Gesundheit.
- Wir behandeln psychiatrisch und unterstützen Gesundheitseinrichtungen bei der Behandlung von Patient*innen mit psychischen Erkrankungen.
- Wir führen persönliche Einzel- und Gruppengespräche und bieten Psychotherapien an.
- Wir bieten psychosoziale Aktivitäten an - auch ergänzend zu medizinischen Behandlungen.
- Unsere Teams nehmen Screenings zu psychischer Gesundheit an entlegenen Orten vor und ermöglichen die Überweisung von Patient*innen.
- Wir klären über Ursachen, Auswirkungen und Bewältigungsmethoden von psychischen Krisen und Erkrankungen auf und tragen so dazu bei, die gesellschaftliche Stigmatisierung von Betroffenen zu verringern.
- Wir bilden medizinisches Personal weiter und sensibilisieren unsere Mitarbeiter*innen für den Bedarf an psychosozialer Unterstützung.
Wissenswertes über psychische Gesundheit
Auf welche Weise arbeitet Ärzte ohne Grenzen im Bereich psychische Gesundheit?
Zum einen adressieren unsere Aktivitäten Menschen mit psychischen Erkrankungen und psychosozialen Leiden direkt: Ziel ist es dabei, Patient*innen bei ihrer individuellen Genesung zu unterstützen. Zugleich wollen wir eine Versorgungslücke schließen, von der in vielen Ländern weltweit vor allem Menschen mit mittelschweren bis schweren psychischen Erkrankungen betroffen sind.
Zum anderen integrieren wir Maßnahmen zu psychischer Gesundheit in unsere sonstigen medizinischen Aktivitäten: Wenn wir etwa mangelernährte Kinder und ihre Eltern, HIV- oder Tuberkulose-Patient*innen, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Überlebende sexualisierter Gewalt versorgen, bieten wir dabei teilweise auch Unterstützung an, die sie psychisch stärkt. Denn Wohlbefinden, Lebensqualität und Selbstwirksamkeit tragen wesentlich zu Behandlungserfolgen bei.
Darüber hinaus intervenieren wir etwa in akuten Krisen und bei Naturkatastrophen mit Sofortmaßnahmen, um die psychische Gesundheit zu stärken. Wir starten Maßnahmen abgestimmt auf den Kontext und angepasst auf die vorhandenen Ressourcen und ermittelten Bedürfnisse.
Wie sehen die Aktivitäten im Bereich der psychischen Gesundheit konkret aus?
Psychologische Erste-Hilfe
Nach schockierenden und belastenden Erfahrungen bietet psychologische Erste Hilfe eine Form von unmittelbarer Unterstützung: Sie zielt darauf ab, Menschen, die etwa Katastrophen, Krisen oder (sexualisierte) Übergriffe erlebt haben, emotional zu stabilisieren und ihnen Orientierung zu geben. Dabei geht es auch darum, unmittelbare Bedürfnisse zu identifizieren und weitere Informationen sowie Hilfsmöglichkeiten anzubieten.
Psychosoziale Unterstützung
Im Rahmen von Einzel- und Gruppengesprächen besprechen Betroffene konkrete Erfahrungen, Ängste, Probleme sowie Notlagen, um sie zu bewältigen. Diese können durch aktuelle Stressoren ausgelöst sein oder auch durch länger zurückliegende Erlebnisse. Während diesen Interventionen wirken je nach Bedarf unsere kulturellen Mediator*innen mit, die zum Beispiel bei Sprachbarrieren helfen, zwischen der Patient*in und der psychosozialen Berater*in zu vermitteln. Die psychosozialen Angebote können das Ankommen von Geflüchteten in ihnen unbekannten Ländern erleichtern, um auf der Flucht Erlebtes zu verarbeiten und ihr psychisches Wohlbefinden zu steigern.
Psychologische Unterstützung
Wir bieten psychologische Unterstützung für:
- Menschen mit moderaten und schweren psychischen Erkrankungen.
- Menschen, die traumatische Erlebnisse hatten, fliehen mussten, in kriegerischen Kontexten leben oder Folter, häusliche und sexualisierte Gewalt überlebt haben.
- bestimmte Patient*innen ergänzend zum sonstigen Behandlungsprozess: Denn viele Krankheiten wie Noma, HIV/Aids, Geburtsfisteln oder auch Diabetes sind mit Stigma und Ausgrenzung und daher psychischer Belastung für die Betroffenen verbunden.
Psychiatrische Behandlung
Psychische Erkrankungen, wie z.B. Depressionen oder chronische Psychosen, behandeln wir nach einer psychiatrischen Diagnose mitunter medikamentös und von Fachärzt*innen begleitet.
Begleittiere
In manchen Projekten arbeiten wir mit Begleittieren wie Hunden. Die Tiere wirken auf unsere Patient*innen besonders während oder nach Stresssituationen sehr beruhigend.
Bietet Ärzte ohne Grenzen auch Aktivitäten für Kinder und Jugendliche an?
Ja, wir bieten auf Kinder und Jugendliche zugeschnittene Hilfsmaßnahmen an, um etwa auch auf spielerische Art traumatische Erlebnisse zu verarbeiten.
Stress und belastende Erlebnisse wirken sich auf Kinder und Jugendliche anders aus als auf Erwachsene. Dabei unterscheiden sich ihre Symptome nach Alter und Persönlichkeitsentwicklung. Deswegen ist es besonders wichtig, auch junge Menschen und ihre Bezugspersonen sowohl in Krisensituationen als auch während medizinischer Behandlungen mit Angeboten zur psychischen Gesundheit zu unterstützen.
Hierzu zählen unter anderem psychologische Erste Hilfe und psychosoziale Gruppenaktivitäten - etwa auch in Form von Workshops, bei denen gemalt, gelesen oder Sport gemacht wird. Mit solchen spielerischen Aktivitäten kann das physische, psychische und soziale Wohlbefinden von Kindern gefördert und ihre Resilienz gestärkt werden. Unsere Hilfsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche umfassen zudem Psychotherapien und psychiatrische Behandlungen.
Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf die Psyche?
Der fortschreitende Klimawandel führt dazu, dass Extremwetterereignisse wie Wirbelstürme, Überschwemmungen oder Hitzewellen immer häufiger auftreten. Klimasensible Krankheiten breiten sich mit steigenden Temperaturen immer weiter aus. Und viele Regionen werden zunehmend unwirtlich, sodass Menschen ihre Heimat verlassen müssen.
Diese Krisen haben auch Folgen für die menschliche Psyche: Angst, Hilflosigkeit und Sorgen können direkte Reaktionen auf Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse sein oder bereits vor dem persönlichen Erleben Zukunftsängste und Hoffnungslosigkeit auslösen.
Sie möchten wissen, warum die Klimakrise auch eine Gesundheitskrise ist? Besuchen Sie unsere Seite zu Klimawandel und Gesundheit!
In welchen Ländern arbeitet Ärzte ohne Grenzen zu psychischer Gesundheit?
In unserem Verständnis gehen psychische und körperliche Gesundheit Hand in Hand. Deswegen umfasst unsere medizinische Arbeit in den meisten unserer Projekte auch Aspekte der psychischen Gesundheit.