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Extremwetterereignisse

Zyklone, Dürren und Überschwemmungen können krank machen.

Durch die Klimakrise nehmen Extremwetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Zyklone weltweit zu. In unserer Arbeit begegnen uns die Menschen, die die gesundheitlichen Folgen dafür tragen. Beispielsweise sind mehr als 150 Millionen Menschen derzeit weltweit von chronischem Wassermangel betroffen. Bis 2050 wird diese Zahl auf fast eine Milliarde steigen, sollten nicht dringend Maßnahmen getroffen werden. Wir setzen uns für Klimagerechtigkeit ein.

Portrait von Elisa de Siqueira
Elisa de Siqueira, Expertin für die Auswirkungen der Klimakrise auf die menschliche Gesundheit in humanitären Kontexten

“Extreme Wettereignisse zerstören die Infrastruktur, bedingen Krankheitsausbrüche und erhöhen den mentalen und körperlichen Stress der Menschen. Vor allem diejenigen, die selber am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, sind am stärksten betroffen.  Sie brauchen jetzt konkrete Unterstützung von Industriestaaten wie Deutschland, die hauptsächlich für die Klimakrise verantwortlich sind.”

So wirkt sich extremes Wetter auf die Gesundheit aus 

Wechselnde Wetterlagen sind im globalen Klima normal. Mit der fortschreitenden Klimakrise werden aber Regenfälle zunehmend intensiver, immer stärkere Zyklone treffen auf Land und Hitzeperioden dauern länger und länger an. Das hat unterschiedlichste Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen weltweit. 

Tödliche Zyklone: Zerstörung und Choleraausbrüche 

Tropische Wirbelstürme bringen oft eine tödliche Abwärtsspirale mit sich: Häuser und Infrastruktur werden zerstört, es kommt zu Überschwemmungen und Menschen werden von medizinischer Versorgung abgeschnitten.  

Die Stürme sind nichts Ungewöhnliches und kommen in vielen Regionen weltweit vor. An der südöstlichen afrikanischen Küste nennen wir sie Zyklone, im südostasiatischen Raum sind es Typhons und in Zentralamerika Hurricanes. Früher waren die Abstände zwischen den Stürmen länger. Was noch vor zwanzig Jahren alle 2,3,4 Jahre stattfand, ist seit etwa 5-10 Jahren (je nach Land/Region) nun jährlich der Fall, sogar mit mehrehren Stürmen pro Jahr. Darüber hinaus hat sich auch die Intensität der Stürme verstärkt: durch den weltweiten Anstieg sowohl der Luft- als auch der Wassertemperatur der Ozeane können die Stürme wasserreicher sein, länger an einem Ort verweilen und sind somit noch zerstörerischer - so wie der Sturm Freddy, der zwischen Februar und März 2023 auf Malawi, Mosambik und Madagaskar traf und der intensivste Zyklon war, der jemals aufgezeichnet wurde.  

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Maman’i Frizela, Mutter von zwei Kindern in Madagaskar
Maman’i Frizela, Mutter von zwei Kindern in Madagaskar: “Ich komme von hier und habe meine Kindheit hier verbracht. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie stark die Zyklone in meiner Kindheit waren. Doch was ich sagen kann, ist, dass seit ich erwachsen bin, die Tropenstürme in den letzten Jahren immer stärker und stärker wurden. Vor allem während (des Sturms) Batsirai” wurde alles zerstört - unsere Häuser, die Felder, die Ernte.”
© MSF/Kathryn Dalziel

Nach Wirbelstürmen ist das Risiko für Krankheiten wie Cholera deutlich erhöht, da es an sauberem Trinkwasser mangelt und viele Betroffene in Notunterkünften auf engem Raum und unter schlechten hygienischen Bedingungen zusammenleben. So können sich Krankheiten wie Cholera schnell und ungehindert ausbreiten, denn die Übertragung erfolgt durch verschmutztes Wasser oder den Kontakt mit Fäkalien erkrankter Menschen. Cholera führt zu schwerem Durchfall und Erbrechen. Unbehandelt kann sie innerhalb weniger Stunden tödlich sein. In der Küstenstadt Quelimane in Mosambik hat der Zyklon Freddy die Wasserinfrastruktur beschädigt und so einen schweren Cholera-Ausbruch ausgelöst.  

“Das Leben hier ist wirklich schwierig geworden. So viele Dinge wurden [durch die jüngsten Wirbelstürme] zerstört, und es gab auch viele Krankheiten. Das Krankenhausgebäude wurde zerstört," erzählt Joella, eine 19-jährige schwangere Frau, die in einer unserer Klinik in Ambodirian'i im Südosten Madagaskars vorgeburtlich betreut wird.  

Wirbelstürme hinterlassen zudem zerstörte Dörfer, Häuser und Felder. In Malawi wurden durch Freddy ganze Ortschaften von Schlammlawinen verschüttet. Zehntausende Menschen waren von medizinischer Versorgung abgeschnitten, die sie dringend benötigten.   

Zerstörte Felder bedeuten Ernteausfall und Lebensmittelknappheit, was wiederum dazu führt, dass mehr Menschen, vor allem Kinder, mangelernährt sind. Madagaskar kämpft seit Jahren mit tropischen Stürmen, wie Batsirai und Emnati 2021, die eine Schneise der Verwüstung geschlagen haben. Eine vorangehende Dürre hatte im selben Jahr bereits einen großen Teil der Ernte vernichtet und Zehntausende Kinder waren von Mangelernährung betroffen.

Wiederkehrende Fluten: Zerstörung, Flucht, Krankheitsausbrüche und Stress

In vielen Ländern, in denen wir arbeiten, die ein tropisches oder subtropisches Klima haben gibt es Regen- und Trockenzeiten. Durch die Klimakrise haben sich diese Regenzeiten aber verändert, meist dauern sie kürzer, es fällt aber noch die gleiche Menge an Regen – es kommt zu Sturzfluten. Dabei entstehen wasserreiche Luftmassen, sogenannte Tiefdruckgebiete, die vom Ozean übers Land geweht werden und sich dort entladen. Wenn es wärmer als gewöhnlich ist, entsteht deutlich mehr Regen als sonst: Denn wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Da die Klimakrise für immer höhere Temperaturen sorgt, hat dies auch immer mehr heftige und außergewöhnliche Regenfälle zur Folge.  

Übermäßig viel Regen in kurzer Zeit, übertretende Flüsse und brechende Dämme: All dies können Auslöser für Überschwemmungen sein. Menschen in Pakistan, im Südsudan und Honduras werden immer wieder von Wassermassen vertrieben, sie verlieren ihre Häuser und Lebensgrundlage. Zudem breiten sich durch Wasser übertragene Krankheiten, wie Cholera oder auch sogenannte Vektorkrankheiten wie Malaria und Dengue in der Folge stärker aus. 

In Honduras lassen Überschwemmungen die Menschen kaum zur Ruhe kommen. Viele haben nach wiederkehrenden Hurricanes und dadurch resultierenden Überschwemmungen einen Großteil ihres Besitzes verloren. 

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Maritza lebt mit ihren drei Kindern in einer Notunterkunft, nachdem ihr Haus von Überschwemmungen zerstört wurde.
“Dies ist das vierte Mal, dass ich evakuiert worden bin [Tropensturm Julia 2022]”, berichtet Maritza, Mutter von drei Kindern in Honduras. “Ich bin mit meinen drei Kindern jetzt in dieser Notunterkunft. Die Situation ist sehr schwierig und ich bin traurig über das, was wir durchgemacht haben. Bei den Wirbelstürmen Eta und Iota haben wir alles verloren, wirklich alles. Sie haben uns in Booten rausgefahren, weil alles voller Wasser war, und als wir es geschafft haben, in unser Haus zurückzukehren, war nichts mehr da. Wir haben keine andere Bleibe, und die einzigen Habseligkeiten, die wir besitzen, sind die wenigen Kleidungsstücke, die wir jetzt bei uns haben. Es ist für niemanden leicht, an diesen Orten [Unterkünften] zu leben. Oft kann man nicht einmal schlafen, weil mehrere von uns in einem Raum sind. Es ist schwierig, aber es gibt keinen anderen Weg.”
© MSF

In Pakistan hatten die Überschwemmungen von 2022 zur Folge, dass Häuser, Lebensmittelvorräte und medizinische Infrastrukturen zerstört wurden. Auch Monate nach den Fluten mussten unsere Teams dort noch zahlreiche Menschen gegen Malaria behandeln, da an vielen Orten das Wasser noch nicht zurück gegangen war. Durch stehende Gewässer kann sich die Krankheit schnell ausbreiten, da die Mücken, welche die Krankheit übertragen, die warmen Wasserpfützen als Brutfläche nutzen. 

Besonders besorgniserregend ist auch der Zustand der psychischen Gesundheit vieler Betroffener. Das Erleben von Extremwetterereignissen wie Überschwemmungen kann traumatisch sein: Die Menschen verlieren alles, was sie haben, müssen fliehen und sind extremen Stresssituationen ausgesetzt – und das oftmals mehr als nur einmal in ihrem Leben. Zudem können vor allem Frauen, aber auch Kinder, in beengten Notunterkünften sexualisierter Gewalt ausgesetzt sein. Unsere Teams kümmern sich daher oft auch um die mentale Gesundheit von Kindern und Erwachsenen und versuchen ihnen Hilfsmittel zur Stressbewältigung mitzugeben. Gleichzeitig versuchen sie präventiv gegen sexualisierte Gewalt vorzugehen, indem sie beispielsweise mit den Kindern über Körperteile sprechen, die von anderen nicht berührt werden sollten. 

 

Dürre bedeutet Mangelernährung 

Viele Menschen in Somalia sind erschöpft: Das Land war 2022 nach vier sehr trockenen Regenzeiten und einer Heuschreckenplage mit einer der schlimmsten Dürreperioden seit Jahrzehnten konfrontiert. Die anhaltende Dürre sorgte für Wasserknappheit, einen dezimierten Viehbestand und ausfallende Ernten. Trockenperioden sind ein natürlicher Klimazyklus, durch die Klimakrise und den damit verbundenen Temperaturanstieg werden sie jedoch ins Extreme verlängert und verschärft. 

Die Folgen in Somalia waren unter anderem eine nachhaltige Ernährungsunsicherheit und damit steigende Mangelernährungsraten, insbesondere unter Kindern. "Allein in einer Woche haben wir fast 1.000 Kinder in unser ambulantes therapeutisches Ernährungsprogramm in 20 verschiedenen Zentren in der Stadt Baidoa aufgenommen", berichtet Bakri Abubakr, unser Programmleiter in Somalia im Frühjahr 2022. "Dreißig Prozent der Kinder waren schwer akut mangelernährt, was zeigt, dass wir uns in einer akuten Notsituation befinden." Besonders gefährlich ist es auch, dass mangelernährte Kinder besonders anfällig für andere Krankheiten wie Malaria, Cholera oder Masern sind.  

"Wir sind 20 Tage lang gelaufen und haben dabei unsere Kinder getragen. Wir hatten keinen Esel, um unsere Kinder zu tragen, also brauchten wir 20 Tage, um hierher zu kommen. Unsere Esel sind wegen der Dürre gestorben, und wir hatten kein Geld für ein Auto. Wir sind nach Lower Juba gekommen, weil wir gehört haben, dass Familien, die ihr Vieh verloren haben, hier Hilfe bekommen können." Erzählt uns ein 75-jähriger Mann, der mit seiner Großfamilie in einem Lager in der Region Lower Jubba angekommen ist."

Heute, ein Jahr später, ist das Gegenteil der Fall: Die Menschen werden von Überschwemmungen vertrieben, ausgelöst durch schwere Regenfälle, die deutlich über dem normalen Wert liegen. Die Menschen, die bereits in Notunterkünften untergebracht waren, mussten in höher gelegene Ebenen fliehen, um den Wassermassen zu entkommen. Der Zugang zu medizinischer Versorgung wurde durch die Überschwemmungen weiter erschwert: Mangelernährte Kinder haben beispielsweise keine Möglichkeit in Ernährungszentren zu kommen. Unsere Teams haben aufgrund zerstörter Straßen Schwierigkeiten die Menschen zu erreichen, die dringend Unterstützung brauchen. 

Zerstörung und Verlust der Lebensgrundlage zwingt Menschen zur Flucht

Durch Dürre und Überschwemmungen werden viele Menschen ihrer Lebensgrundlage und ihrer Einnahmequellen beraubt und zur Flucht gezwungen. Durchschnittlich fliehen jedes Jahr bis zu 20 Millionen Menschen aufgrund klimatischer Veränderungen (UNHCR). 

Hundertausende Menschen zogen beispielsweise 2022 in Somalia aus ländlichen Regionen in städtische Gebiete, in der Hoffnung dort Lebensmittel, sauberes Wasser und medizinische Versorgung zu finden. Sie liefen teilweise 150 Kilometer am Stück und immer wieder sterben Menschen auf der Flucht. Doch auch in den Städten sind die öffentlichen Dienste und Infrastruktur extrem überlastet. In den überfüllten Camps für Binnenvertriebene waren die hygienischen Bedingungen schlecht, es gab kaum sauberes Wasser und zu wenig Toiletten. Ein perfekter Nährboden für tödliche Krankheiten wie Cholera und Masern.